Mit dem Wohnmobil das Markgräflerland erkunden und dabei die Weine der regionalen Winzer entdecken – das war unser Vorhaben im Mai. Verträgt sich das überhaupt? Bestens, haben wir festgestellt. Denn im Markgräflerland laden viele Winzer Wohnmobilisten ausdrücklich ein, auf ihren Höfen und Wiesen zu übernachten. Meist ist der Stellplatz sogar kostenfrei. Gerne dürfen die Besucher während ihres Aufenthalts die Weinkeller besichtigen und die edlen Tropfen verkosten.
Inhalt
Wissenswertes über das Markgräflerland
Wo liegt überhaupt das Markgräflerland, fragen Sie sich jetzt vielleicht. Wir mussten auch erst auf die Landkarte schauen: Das Markgräflerland liegt im äußersten Südwesten Deutschlands an den Grenzen zu Frankreich und der Schweiz. Es ist die sanfte Hügellandschaft zwischen Schwarzwald, Rhein und Freiburg. Die Gegend markiert das südliche Ende der badischen Weinstraße, sie ist von 2.000 Sonnenstunden und einer warmen Brise verwöhnt.
Die vom Klima bevorzugte Weingegend liegt im Einflussbereich der sogenannten burgundischen Pforte. Dadurch kommt das Frühjahr hier früher als beispielsweise im Süden Bayerns und die Pfingstrosen blühen schon eine Weile vor Pfingsten. Sogar in diesem Jahr, wo Pfingsten doch relativ früh war.
Was es in Müllheim zu sehen gibt
Der erste Stopp unserer Tour gilt Müllheim in Baden, der Weinhauptstadt des Markgräflerlands. Der Name der Stadt leitet sich von den vielen Mühlen ab, die früher entlang des Klemmbachs ihre Arbeit verrichteten. Der Klemmbach ist auch heute noch im Ortskern präsent. Er beschert den Menschen schöne Sitzplätze und idyllische Schwarzwaldstimmung mitten in der Stadt.
Der bedeutendste Platz Müllheims ist der Markgräfler Platz, dessen Gebäude von markgräflicher, klassizistischer Architektur geprägt sind. Hier gruppieren sich das Alte Rathaus, das Historische Amtshaus, in dem heute die Tourist-Info untergebracht ist, und die Große Hofanlage um eine Skulptur von Bernd Völkle. Der Künstler, ein Sohn Müllheims, hat hier ein modernes „Stadttor“ geschaffen.
Müllheim und die Blankenhorns
Die Große Hofanlage war vermutlich im 17. Jahrhundert der Stammsitz der Familie Blankenhorn, Der Name Blankenhorn wird uns in Müllheim noch öfter begegnen: in Form des Blankenhorn-Parks, der Blankenhorn-Villa und des Blankenhorn Palais. Die Schauseite am Markgräfler Platz zeigt nur einen kleinen Teil des ehemaligen Hermann-Blankenhornschen Hofes. Auf diesem Anwesen wurde ein bedeutender Sohn der Stadt, Professor Adolph Blankenhorn, geboren. Blankenhorn hat Pionierarbeit auf dem Gebiet des wisssenschftlichen Weinbaus geleistet.
Das zweigeschossige Herrenhaus verfügt über eine große Freitreppe, der Eingang ist von dorischen Säulen flankiert und auf dem Hof sprudelt Thermalwasser aus dem Brunnen. Die Schauseite des Hofes zum Markgräfler Platz hin wurde Mitte des 19. Jahrhunderts neu gestaltet. Beachtenswert sind hier die durchbrochenen Lüftungsluken im Dachgeschoss und der Kranzsims. Ein Blick durch die Flachbogeneinfahrt in den Innenhof lohnt sich!
Von hier sind es nur ein paar Schritte zur Martinskirche, dem bedeutendsten Baudenkmal Müllheims. Das schon 1881 profanierte Gotteshaus – heute Konzert- und Veranstaltungsraum – ist auf den Mauerresten einer großen römischen Villa aus dem 1. Jahrhundert nach Christus erbaut. In der Turmhalle sind Wandmalereien aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts zu sehen.
Müllheim als Schauplatz der Badischen Revolution
Wir erreichen jetzt den Marktplatz, über den es ebenfalls eine interessante Geschichte zu erzählen gibt: Vom Balkon des sogenannten Stadthauses am Marktplatz rief der radikaldemokratische und antimonarchistische Vordenker Gustav von Struve bei seinem Aufstandsversuch die Republik aus. Das war im September 1848. Doch der sogenannte Struve-Putsch scheiterte, ebenso wie die ganze Badische Revolution. Später beeinflusste Struve die Wahlen in den USA und verhalf dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Abraham Lincoln zum Sieg.
Nun geht es weiter zum Blankenhorn Palais. Leider sind wir zu spät dran, um das Markgräfler Museum zu besuchen, das in diesem Gebäudekomplex untergebracht ist. Geschichte und Kunst – diesen Themen widmet sich das Markgräfler Museum.
Im Innenhof des Blankenhorn Palais’ sind architektonische Einflüsse aus dem benachbarten Frankreich deutlich erkennbar – ich möchte sogar sagen: spürbar. Die Stimmung im großen Hof hat schon etwas Französisches. Am in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Nordflügel fällt ein außergewöhnliches Element ins Auge: ein Wintergarten in Gusseisenkonstruktion.
Vom Gutedel und anderen Markgräfler Weinen
Nach soviel Historie wenden wir uns jetzt der Kernkompetenz der Menschen, die hier leben und arbeiten, zu: dem Weinbau. Müllheim nennt sich Weinhauptstadt des Markgräflerlandes. Diese Behauptung untermauern Zahlen: Sechs Weingüter, drei Winzergenossenschaften und 500 Hektar Weinanbaufläche machen Müllheim zur größten Weinanbaugemeinde der Region.
Unser Ziel in Müllheim ist das Weingut Engler. Seit 2004 führt Andrea Engler-Waibler das Weingut, das ihr Urgroßvater vor 126 Jahren gegründet hat. Damals lag der Hof am Rande der Stadt, heute darf sich Engler-Waibler über zentrumsnahe Lage freuen.
Beim Weingut Engler machen wir erste Bekanntschaft mit dem Gutedel, einer Spezialität des Markgräflerlandes. Die Rebsorte, die wahrscheinlich schon vor 5.000 Jahren angebaut wurde, gedeiht am besten in einer offenen Landschaft auf Lehm-Löss-Boden, sanft gestreichelt von warmen Winden. Auf einem Drittel der Rebflächen im Markgräflerland wird Gutedel kultiviert. Er ist das Alleinstellungsmerkmal des Markgräflerlandes, in anderen deutschen Weinbaugegenden kommt er so gut wie nicht vor.
„Der Gutedel ist zurückhaltend, er passt gut zum Essen, beispielsweise zu Kalbsgeschnetzeltem.“
Andrea Engler-Waibler öffnet eine Flasche 2017er Müllheimer Reggenhag, Kabinett, trocken. Wir sitzen in der modern eingerichteten Vinothek, während sich draußen ein Gewitter zusammenbraut.
Obwohl ich eher Rotwein trinke, schmeckt mir der Gutedel, den uns die Winzerin kredenzt, sehr gut. Ich finde, er ist herrlich leicht und frisch an einem warmen Tag wie diesem.
Weingut Engler in Müllheim: Umweltverträglicher Anbau
Während wir einen Auxerrois (2016er Müllheimer Paffenstück, Kabinett, trocken) probieren, erfahren wir, was einen Prädikatswein auszeichnet, wie viele Jahre Weinreben gut tragen und lernen die Philosophie des Weinguts Engler kennen
„Wir verzichten seit über 30 Jahren auf Herbizide. Die gezielte Einsaat mit diversen Kräutern hat sich bestens bewährt.“
Bevor wir auf Rotwein umsteigen, probieren wir noch einen fruchtig-leichten Chardonnay mit einem angenehmen Säurespiel: den 2016er Müllheimer Sonnenhalde Kabinett, trocken. Dann schenkt Andrea Engler-Waibler Spätburgunder Rotwein ein: ihren 2016er Müllheimer Reggenhag Kabinett, trocken. Der Wein ist wunderbar weich und kernig und hat eine ziegelrote Farbe. Dass der Burgunder hier gedeiht, ist ebenfalls dem milden Klima geschuldet. Wir erfahren, dass gute Rotweine durch Maischegärung entstehen. Auf dem Weingut Engler legt man auch Wert darauf, dass alle Rotweine in Holzfässern lagern.
In Müllheim die Arbeit des Winzers hautnah kennenlernen
Während wir einen weiteren Spätburgunder probieren – 2015er Müllheimer Reggenhag Spätlese, trocken – hören wir, dass Andrea Engler-Waibler auch Gäste mit in den Weinberg nimmt. Anlässe dafür gibt das Müllheimer Weinkolleg, ein Format mit vier Sessions in unterschiedlichen Jahreszeiten. Am 16. Juni findet beispielsweise das Sommer-Weinkolleg auf dem Weingut Engler statt.
„Bei unseren Weinkollegien lernen Sie in Theorie und Praxis, welche Schritte notwendig sind, bis der edle Tropfen im Glas landet. Sie dürfen selbst Hand anlegen, erhalten einen Einblick in den Beruf des Winzers und viele Insider-Informationen zum Weinbau im Markgräflerland und seinen typischen Rebsorten.“
Auf dieses weintouristische Angebot weist Sabine Lang, Geschäftsführerin der Werbegemeinschaft Markgräflerland GmbH, hin. Alle Wein- und Genusspauschalen – so beispielsweise Wanderungen auf dem Müllheimer Rundumwegli oder die August-Veranstaltung Jazz-Wein-Kultur sind buchbar auf der Webseite der Tourist-Information. Sabine Lang und ihr Team von der städtischen Tourist-Info beantworten auch alle weiteren Fragen, die Müllheim betreffen.
Gut gelaunt und mit Spätburgunder im Gepäck verlassen wir das Weingut Engler. Und mit der Zusage der Winzerin, auch nach Norddeutschland zu liefern. Über schmale Straßen steuert mein Lebensgefährte das Wohnmobil mit den beträchtlichen Abmessungen hinaus ins Eggenertal. Hier im Müllheimer Ortsteil Feldberg erwartet man uns schon im Gasthaus Ochsen zum Abendessen.
Übernachtungsplatz inmitten der Natur: beim „Ochsen“ in Müllheim-Feldberg
Hier beim „Ochsen“ ist auch unser Stellplatz für die kommende Nacht. Deshalb steht vor dem Vergnügen noch etwas Arbeit für den Fahrer auf dem Programm. Das Wohnmobil muss hinter dem Anwesen geparkt werden. Ich schwitze schon beim Zuschauen, aber alles klappt souverän. Am Ende können hier sogar weitere Gäste parken ;-).
Begleitet vom Gezwitscher der Vögel schlendern wir nun völlig entspannt durch den blühenden Garten des Ochsen, voller Vorfreude auf ein gutes Essen.
Wir werfen einen Blick in die gemütliche, originell eingerichtete Gaststube und entscheiden uns dann aber doch dafür, im Garten zu sitzen. Zwar ziehen sich dunkle Wolken über dem Schwarzwald zusammen und ab und zu zuckt ein Blitz in der Ferne. Doch die Luft ist einfach zu lau, um drinnen zu sitzen.
Viel Zeit verbringen wir an diesem Abend mit der Lektüre der Karte. Im Ochsen bringt Hans Adam-Eglin, Chef des Hauses und gleichzeitig Küchenchef, original Markgräfler Gerichte auf den Tisch. Mit dem Essen im „Ochsen“ befasse ich mich in diesem Beitrag.
Fest steht: Begleitet vom Zirpen der Grillen schlafen wir in dieser Nacht gut ein. Allenfalls der Mond scheint hinter dem „Ochsen“ in unser Bett. Lichtverschmutzung gibt es hier nicht. Geweckt werden wir vom Krähen eines Hahnes und einer meckernden Ziege.
Der Frühstückstisch ist für uns in der urigen Gaststube gedeckt. Und zwar liebevoll und mit allem, was das Herz begehrt! Sogar frischer Apfelsaft wird hier angeboten, dazu Radieschen, Tomaten, Joghurt, Käse, Wurst und Eier – nach Wunsch gebraten, als Spiegelei oder gekocht. Ich bin begeistert!
Wir bewundern noch den Innenhof des „Ochsen“, in dem es sich auch bei weniger gutem Wetter prima aushalten lässt …
… und schauen uns noch ein wenig im beschaulichen Feldberg um.
Doch auf uns wartet ein neuer Tag im Markgräflerland mit einigen Highlights: Die Fahrt führt uns zuerst nach Schliengen zum Schloss Bürgeln. Mehr darüber lesen Sie im Beitrag Entdeckungstour durchs Markgräflerland #2: Schloss Bürgeln.
Mehr Platz für spontane Entdecker: Wohnmobilstellplätze in Müllheim
Auf neun Wohnmobilstellplätzen in Müllheim und den Ortsteilen finden insgesamt 30 Wohnmobile Platz. In Müllheim selbst gibt es Stellplätze am Freibad, am „Restaurant Kreuz“ direkt an der B3 und an der Nussbaumallee. Hier haben wir den Wagen während unseres Besuchs beim Weingut Engler abgestellt. Hügelheim wartet mit drei Stellplätzen auf, jeweils einen Wohnmobilstellplatz gibt es in Britzingen, Zunzingen und in Feldberg.
Bitte bedenken Sie vor der Fahrt, dass auf allen Stellplätzen in Müllheim weder Ver- noch Entsorgung und keine Reservierungen möglich sind. Wir sind mit leerem Wassertank losgefahren, was sich als unvorteilhaft erwiesen hat. Im „Ochsen“ in Feldberg war man allerdings so nett und hat uns mit Wasser ausgeholfen.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der uns die Schwarzwald Tourismus GmbH eingeladen hat. Ich habe kein Honorar erhalten und gebe meine eigene Meinung wieder.
Heiko Müller von People Abroad war ebenfalls im Markgräflerland unterwegs. Hier lesen Sie, was er erlebt hat.
Hallo, liebe Reisefreunde,
mit Freude las ich Euren Bericht vom „Ochsen“ in Feldberg-Müllheim.,ich habe vor 34 Jahren dort 2 x mit meinem Mann übernachtet. Einmal im Februar zur Basler Fastnacht.Wir wollten nachts zum „Morgenstreich“ fahren.Die nette Seniorchefin stellte uns am Vorabend eine Thermoskanne mit Kaffee und leckeren belegten Brötchen bereit.Bei eisiger Kälte nachts 2 Uhr waren wir froh darüber.Auch die gute Küche und Herzlichkeit begeisterte uns.
Wir wohnten damals 400 km nördlich und erzählten noch lange davon.
Seit 3 Jahren bin ich nun in der Nähe Freiburgs und hoffe, bald wieder mal im Ochsen vorbei zu schauen.
Liebe Frau Pässler,
vielen Dank für den Kommentar! An der Herzlichkeit der Wirtsleute und der guten Küche im „Ochsen“ hat sich in all den Jahren nichts geändert. Feldberg und der Gasthof „Ochsen“ bleiben uns auch in sehr guter Erinnerung.
Herzliche Grüße und viel Spaß beim nächsten Ausflug nach Müllheim!
Beate