Magisches Licht, Abgeschiedenheit und Einsamkeit prĂ€gen das Oderbruch. Die weite Landschaft am östlichen Rand Deutschlands fasziniert zunehmend Berliner, die groĂstĂ€dtischer Hektik entfliehen wollen. Ruhesuchende Touristen erkunden das weltvergessene Oderbruch auf entspannten Radtouren. Wir sind mit dem Cabrio unterwegs, um Geschichte, Kultur und kulinarische GenĂŒsse in diesem vertrĂ€umten Landstrich zu entdecken.
Inhalt
- Das Oderbruch â erst kamen die Kolonisten, dann die Aussteiger
- Neuhardenberg â wo der Staatskanzler sein Herz verloren hat
- Kolonistendorf Neulietzegöricke
- GroĂ Neuendorf mit Kulturhafen
- Die Seelower Höhen â Erinnerung an schlimme Zeiten
- Theater am Rand in ZollbrĂŒcke
- âWillkommen in Polenâ â Abschluss eines Tags im Oderbruch
- Extra: Authentisch essen im Gasthof âZum Alten Fritzâ
- Durchs Oderbruch mit dem Bus
Das Oderbruch â erst kamen die Kolonisten, dann die Aussteiger
Das Oderbruch ist eine der östlichsten und eine der jĂŒngsten Gegenden Deutschlands. Erst vor 250 Jahren hat das Binnendelta der Oder sein heutiges Gesicht erhalten. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts war die Auenlandschaft geprĂ€gt von WasserlĂ€ufen und SĂŒmpfen. Die Menschen lebten in Fischerdörfern und vom Fischfang.
Dass wir heute die Landschaft mit dem Auto erfahren können, ist dem Alten Fritz zu verdanken. So nennt man hier den preuĂischen König Friedrich II., der die Eindeichung und Trockenlegung des Oderbruchs veranlasste, mit Stolz.
Auf dem neu gewonnenen Land wurden neue Dörfer angelegt. Man warb in ganz Deutschland Siedler an, die Landwirtschaft betrieben. Sie hieĂen Kolonisten. Noch heute begegnet uns der Begriff Kolonisten im Oderbruch auf Schritt und Tritt.
Bis in die Gegenwart ist das Oderbruch durch das Wasser geprÀgt und manchmal auch bedroht. Immer wieder ereignen sich Hochwasserkatastrophen, zuletzt im Jahr 2010.
Zu DDR-Zeiten war das Oderbruch der GemĂŒseobstgarten von Berlin. An der landwirtschaftlichen Ausrichtung hat sich auch nach der Wende nichts geĂ€ndert. AuĂer dass inzwischen auch Wanderer und Radfahrer den Landstrich an der Oder fĂŒr sich entdeckt haben. Und die Berliner gerne die Ruhe im abgelegenen Oderbruch suchen.
Der Schauspieler Christian Schmidt, den ich im Theater am Rand in ZollbrĂŒcke an der Oder kennenlerne, hat gemeinsam mit seiner Frau Katharina ein Ferienhaus im Oderbruch.
âWenn man sich mit dem Oderbruch beschĂ€ftigt und tiefer eintaucht in die Region, dann lĂ€dt sich das Schritt fĂŒr Schritt auf. Das Oderbruch ist schon ein ganz besonderer Ort, ein Ort, an dem auch Aussteiger ihren Platz finden.â Christian Schmidt
Tobias Morgenstern ist einer dieser Aussteiger. Der Musiker, Komponist und MitbegrĂŒnder des Theaters am Rand in ZollbrĂŒcke lebt mit seiner Familie im Oderbruch. Sein RĂŒckzugs- und Arbeitsort an der Oder, ein kleines Fachwerkhaus, wurde 1998 zur Keimzelle des auĂergewöhnlichen Theaters.
âIch bin hier rausgezogen, weil ich keine Lust mehr auf diese Gesellschaft hatte. Man konnte ja damals schon â so wie heute â keine Achtung mehr vor dem politischen Zustand haben. Deshalb hab ich mich aufs Land verpfiffen, wo ich meine Ruhe hab.â Tobias Morgenstern
Neuhardenberg â wo der Staatskanzler sein Herz verloren hat
Inmitten von Feldern und Weite erscheint Schloss Neuhardenberg wie eine Fata Morgana. Nur ein paar HĂ€user umgeben das Schloss, das unter Staatskanzler Karl August FĂŒrst von Hardenberg sein heutiges Aussehen erhalten hat. Kein Geringerer als Karl Friedrich Schinkel verwandelte um 1820 die damals barocke in eine klassizistische Schlossanlage.
1944 wurde Schloss Neuhardenberg Schauplatz eines Dramas: Der damalige Gutsverwalter, Carl-Hans Graf von Hardenberg, war als WiderstandskĂ€mpfer am Hitler-Attentat beteiligt. Nach dem Scheitern des Umsturzes wollte sich der Graf in der Bibliothek erschieĂen, traf jedoch die Lunge anstatt das Herz.
Er wurde im KZ Sachsenhausen inhaftiert und von einem Mitgefangenen gesund gepflegt. AnschlieĂend sollte ihm der Prozess gemacht werden. Der sicheren Todesstrafe entging von Hardenberg nur, weil die Rote Armee das KZ vorher befreite.
Nach dem Krieg wurde die Familie enteignet und verlieĂ Neuhardenberg.
Ăbrigens stammen auch die PlĂ€ne fĂŒr den sehr weitlĂ€ufig angelegten Ort Neuhardenberg von Schinkel. Anfang des 19. Jahrhunderts hatte ein Brand mehr als die HĂ€lfte des ursprĂŒnglichen Dorfes zerstört. Damit sich ein solches UnglĂŒck nicht wiederholen konnte, lieĂ der Planer viele FreiflĂ€chen.
Schinkelkirche Neuhardenberg
An prominenter Stelle zwischen Schloss, einer alten Allee und dem Ort steht in Neuhardenberg die sogenannte Schinkelkirche. Hier treffen wir Silke Galle, die bestens ĂŒber das Gotteshaus Bescheid weiĂ. Abgesehen von der Architektur der Kirche sind hier drei Dinge bemerkenswert:
- die blaue Deckenbemalung mit 6260 Sternen;
- das Wappen der von Hardenbergs, das der damalige Pfarrer bereits 1986 als Zeichen des Widerstands wieder in der Kirche anbringen lieĂ;
- das mumifizierte Herz des Staatskanzlers Karl August FĂŒrst von Hardenberg an der RĂŒckseite des Altars.
FĂŒrst von Hardenberg hatte die Kirche zu Lebzeiten in Auftrag gegeben. Hierher sollte nach seinem Tod sein Herz zurĂŒckkehren, so sein Wunsch. Deshalb können wir heute im Gotteshaus das Herz anschauen.
Anita von „Anita auf Reisen“ kam ĂŒbrigens auf ihrer Radtour entlang der MĂ€rkischen Schlössertour in Neuhardenberg vorbei und hat wunderschöne Impressionen eingefangen. Hier sind sie zu sehen.
Picknick im Park von Schloss Neuhardenberg
Bei unserem Besuch in Neuhardenberg genieĂen wir insbesondere den Schlosspark. Eines der Highlights im Park ist mit Sicherheit die allgegenwĂ€rtige Gartenseite des Schlosses. Immer wieder eröffnen sich neue, romantische Blickachsen mit dem Schloss im Mittelpunkt.
Ăbrigens hat Katja vom Wellspa-Portal fĂŒrstlich im Schloss Neuhardenberg ĂŒbernachtet â ja, das ist möglich, denn das Schloss ist heute ein Hotel. Ihren reich bebilderten Bericht finden Sie hier.
Wir testen hingegen die KĂŒnste der SchlosskĂŒche, und zwar in Form eines Picknicks. Picknickkörbe können hier in unterschiedlichen AusfĂŒhrungen geordert werden. Auf der Wiese des Parks schmecken die kleinen Köstlichkeiten, die appetitlich in GlĂ€schen verpackt sind, superlecker. Die Picknickdecke ist ĂŒbrigens inklusive. Absolut empfehlenswert fĂŒr laue Sommerabende zu zweit!
Kolonistendorf Neulietzegöricke
In Neulietzegöricke sind wir wieder bei den einfachen Leuten, den sogenannten Kolonisten. Neulietzegöricke, kurz und liebevoll âLietzeâ genannt, ist das erste Kolonistendorf des Oderbruchs. Hier können wir den typischen Aufbau von GroĂ- und Kleinkolonistenstellen und eines planmĂ€Ăig angelegten Oderbruch-Kolonistendorfes studieren.
Den Kolonisten war es verboten, die Hofstellen, die ihnen bei der Ankunft zugewiesen wurden, weiterzuverkaufen. Sie konnten die Höfe nur innerhalb der Familie weitervererben. So kommt es, dass im Oderbruch bis heute Nachfahren der ersten Siedler leben.
Interessant ist auch der Aufbau des Dorfes mit zwei parallel verlaufenden DorfstraĂen. Zwischen den beiden StraĂen verlĂ€uft ein breiter Schachtgraben zur EntwĂ€sserung, der Anger, in dem heute meist GemĂŒse und Blumen gedeihen. Doch auch drei GebĂ€ude stehen auf erhöhten Stellen in diesem Bereich: die Kirche, das Dorfgemeinschaftshaus mit dem Feuerwehrhaus und dem Kolonisten-Kaffee sowie der Dorfkrug.
Das Wirtshaus in Neulietzegöricke stammt aus dem Jahr 1835 und ist damals wie heute Versammlungsort und Treffpunkt fĂŒr Einheimische und Reisende. Den Namen âZum feuchten Williâ trĂ€gt die GaststĂ€tte erst seit 1980. Damals war die Kneipe Drehort fĂŒr den Film âSalz, Brot und gute Launeâ.
An dem Sonntag, an dem wir in Neulietzegöricke sind, ist âZum feuchten Williâ allerdings weniger frequentiert. DafĂŒr ist im Kolonisten-Kaffee neben der Kirche kein Platz mehr zu bekommen. Kein Wunder: Es ist der Tag des offenen Denkmals und Neulitzegöricke steht als Dorfanlage mit den spezifischen FachwerkhĂ€usern und dem Schachtgraben unter Denkmalschutz.
So besichtigen wir noch die Dorfkirche, die als Einzeldenkmal ebenfalls unter Schutz gestellt ist und fahren weiter.
GroĂ Neuendorf mit Kulturhafen
Auf dem Weg nach GroĂ Neuendorf grĂ€bt mein Schatz tief in der persönlichen Geschichte. Wir kommen durch Letschin. Hier wohnte frĂŒher seine Tante Christa, die gerne und oft Ziel fĂŒr kleine Fluchten aus der Stadt war. TatsĂ€chlich: Das Haus, in dem sie wohnte, steht noch. Gleichwohl hat es deutlich bessere Zeiten gesehen.
Ăber holprige Alleen mit alten, knorrigen BĂ€umen geht es nordostwĂ€rts bis zur Oder. GroĂ Neuendorf war frĂŒher ein Fischerdorf. Nach der Trockenlegung des Oderbruchs verdienten die Einwohner ihr Geld mit Landwirtschaft. Heute zĂ€hlt der Tourismus zu den groĂen Einnahmequellen des Ortes.
Besonderer Anziehungspunkt ist die zum Kulturhafen umgestaltete Hafenanlage am Oderdeich. Der Kulturhafen liegt am Oder-NeiĂe-Radweg und beheimatet
- ein Hotel mit Restaurant im historischen Maschinenhaus,
- den historischen Verladeturm mit Turmcafé, Galerie und Ferienwohnung
- Ăbernachtungsmöglichkeiten in historischen Bahnwaggons,
- ein Barwaggon an der Oderterrasse
- ein Theaterwaggon mit dem östlichsten Theater Deutschlands, dem TiB (Theater im Bahnwaggon).
Eines der Highlights am Kulturhafen ist die beiden auĂergewöhnlich groĂen Schaukeln, die dazu einladen, bis in den Himmel zu schwingen â gefĂŒhlt zumindest. Ich stelle aber fest: Es ist gar nicht so einfach, sie in Bewegung zu versetzen. Zum GlĂŒck habe ich jemanden mit, der mir Anschwung geben kann.
Auf der Oderterrasse kann man bei einem GetrĂ€nk im Liegestuhl entspannen und auf die trĂ€ge dahinflieĂende Oder schauen.
Die Seelower Höhen â Erinnerung an schlimme Zeiten
In den letzten Wochen des 2. Weltkrieges bahnte sich die Rote Armee nach dem OderĂŒbertritt einen Weg nach Berlin. Das Oderbruch wurde dabei zum Schauplatz erbitterter KĂ€mpfe. Die Schlacht um die Seelower Höhen ist in die Geschichte eingegangen. Zehntausende Angehörige der Roten Armee, der 1. Polnischen Armee und der deutschen Wehrmacht verloren ihr Leben, StĂ€dte und Dörfer wurden zerstört. Bis heute ist eine unbekannte Zahl Kriegstoter nicht gefunden worden.
Wer nun genau wissen will, was in Seelow passiert ist, der besuche die Seelower Höhen. Hier steht ein sowjetisches Ehrenmal, das die Sieger ihren KĂ€mpfern gewidmet haben. AuĂerdem umfasst das Areal eine KriegsgrĂ€berstĂ€tte und ein Museum.
Ich fĂŒr meinen Teil bin wahrlich kein Freund von solchen Orten, erst recht nicht, wenn â wie in Seelow â KriegsgerĂ€t prĂ€sentiert wird. Deshalb ignoriere ich den Vorplatz samt Panzerausstellung geflissentlich. Auch dem Denkmal selbst kann ich nichts abgewinnen.
Doch der Film, der im Museum halbstĂŒndlich gezeigt wird, macht alles wieder wett. Mit viel Empathie wird hier das Geschehen in den letzten Tagen und Wochen des 2. Weltkrieges von allen Seiten beleuchtet.
Die Macher des Films kennen keine Helden, keine Sieger. Sie lassen in O-Tönen die Populisten des NS-Regimes zu Wort kommen. Wer nach diesem âGenussâ immer noch bestreitet, dass eine heute recht populĂ€re Partei Nazi-GrundsĂ€tzen folgt, muss völlig verblendet oder dumm sein. Der Film benennt auch Strategen und Strategien der Alliierten und zeigt die Opfer des ganzen Wahnsinns. PrĂ€dikat: absolut empfehlenswert!
Theater am Rand in ZollbrĂŒcke
Am spĂ€ten Nachmittag fĂŒhrt unser Roadtrip wieder an den Ă€uĂersten östlichen Rand Deutschlands: nach ZollbrĂŒcke. Wir sind im Theater am Rand angemeldet. Zu behaupten, dass wir Theaterkarten hĂ€tten, wĂ€re gelogen. Denn Tickets gibt es hier nicht. Man meldet sich an, um einen Platz in der Vorstellung zu bekommen. Denn umsonst möchte keiner an den Ă€uĂersten Rand Deutschlands gefahren sein.
Weiteres Kuriosum im Theater am Rand: Die Theaterdirektoren verlangen keinen Eintritt, sondern Austritt. Und auch sonst ist dies das auĂergewöhnlichste Theater, das ich jemals besucht habe. Schon rein optisch ist hier alles schrĂ€g, rechte Winkel wird man vergebens suchen.
Ein bisschen erinnert mich das GebĂ€ude an ein Zirkuszelt aus dem Land der Hobbits. Das Publikum sitzt auf einer hölzernen TribĂŒne. Je nach Jahres- und Tageszeit sowie nach dem jeweiligen Programm kann das Theater auf mehreren Seiten geöffnet werden.
Bei unserem Besuch zerflieĂt das BĂŒhnenbild in der Weite des Oderbruchs. Die malerische Landschaft, der Sonnenuntergang und das kleine Windrad im Garten sind mehr als Kulisse, sie sind Teil der BĂŒhne.
âWiderstĂ€ndige Kunst und Natur gehen eine Symbiose einâ â so lautet ein Auszug aus der Philosophie des Theaters am Rand. Tobias Morgenstern, MitbegrĂŒnder des Theaters, erklĂ€rt es so:
âWir machen nicht nur provokantes Theater, aber unser Ansatz ist eigentlich schon so. FĂŒr mich ist das Theater am Rand eine Art Ausstieg, Protest. Ich sehe uns nicht mehr in der Gesellschaft, sondern eher im Bereich der Subkultur.â Tobias Morgenstern
Am Anfang sind viele Besucher ins Theater am Rand gekommen, um Co-GrĂŒnder Thomas RĂŒhmann zu sehen. Als Dr. Roland Heilmann war RĂŒhmann jahrelang in der Ărzteserie âIn aller Freundschaftâ zu sehen. Und auch heute ist RĂŒhmann noch ein Zugpferd.
Vom Wohnzimmertheater zum Markenzeichen des Oderbruchs
Es war im Jahr 1998, als die Freunde Tobias Morgenstern und Thomas RĂŒhmann in der Einsamkeit von Morgensterns Ferienhaus an der Oder eine Idee entwickelten: Sie studierten ein TheaterstĂŒck fĂŒr zwei Personen ein, das sie anschlieĂend im Wohnzimmer des FachwerkhĂ€uschens auffĂŒhrten.
âIn diesem Theater haben wir 8 Jahre gespielt. Wir waren ja nur zu dritt: eine Frau, die Wein verkauft hat und das Licht geschoben, RĂŒhmann und ich. So haben wir am Wochenende immer Theater gemacht. Das war schön. Wir haben gemeinsam am Kamin gegessen, danach gab es das StĂŒck. Das war so eine kleine Keimzelle, die beseelt war von Utopien, WĂŒnschen, Vorstellungen.â Tobias Morgenstern
Heute ist das Fachwerkhaus das Herz des âTheaters am Randâ. Und aus dem kleinen Wohnzimmertheater an der Oder wurde ein Wallfahrtsort fĂŒr Kulturfreunde im Oderbruch. Manche sprechen sogar von einem Markenzeichen.
Kabakon oder Die Retter der Kokosnuss
An dem denkwĂŒrdigen Sonntagabend, an dem wir im Theater am Rand sind, wird âKabakonâ gespielt. Zum zweiten Mal ĂŒberhaupt. Man versammelt sich drauĂen. Auf einer Tafel an der Hauswand steht âDauer: 4 Stundenâ. Ich bin mir sicher, dass das ein Scherz ist. Doch ich irre mich.
Nach einer skurrilen âEinfĂŒhrungâ fordert Wolfgang Krause Zwieback das Publikum auf, sich auf die groĂe Wiese hinter dem Theater zu begeben. Aus der Ferne nĂ€hert sich knatternd ein F8. SchlieĂlich hĂ€lt der Wagen an. Heraus steigen die Akteure des StĂŒcks: die beiden Regisseure Tobias Morgenstern und Thomas RĂŒhmann sowie die Schauspieler Julia JĂ€ger und Christian Schmidt.
Nun starten die in fĂŒnf Gruppen aufgeteilten Besucher zu einer Tour ĂŒber das GelĂ€nde. Denn der erste Akt wird parallel auf fĂŒnf kleinen BĂŒhnen unter freiem Himmel gespielt. Wir erfahren, wie der junge Deutsche August Engelhardt Anfang des 20. Jahrhunderts einen Ort abseits der ZwĂ€nge und Konventionen Europas sucht. Einen Platz, an dem er seine Vorstellungen von einem naturverbundenen Leben umsetzen kann.
August Engelhardts Ideale sind Nacktheit und Vegetarismus. In Deutsch-Neuguinea erwirbt der Held des StĂŒcks, das auf einem Roman von Christian Kracht basiert, eine Kokosplantage auf der Insel Kabakon. Er und seine JĂŒnger wollen sich ausschlieĂlich von KokosnĂŒssen ernĂ€hren. Doch Kabakon entwickelt sich im Laufe der folgenden Akte StĂŒck fĂŒr StĂŒck vom Traum in einen Albtraum.
„Kabakon“ ist ErzĂ€hltheater vom Feinsten. Als sich das Drama um August Engelhardt dem Ende zuneigt und der historische F8 wieder auf der erweiterten BĂŒhne vorfĂ€hrt, sind tatsĂ€chlich vier kurzweilige Stunden vergangen! Wir verlassen das schrĂ€ge Theater mit dem festen Vorsatz wiederzukommen. Nicht nur, dass wir einen Ă€uĂerst amĂŒsanten und trotzdem nachdenklich stimmenden Abend verlebt haben. Die Schauspieler hatten ebenfalls ihren SpaĂ an diesem StĂŒck und sind in  ihren Rollen â zumindest scheint mir das so â zu Hochform aufgelaufen.
Unser Tag im Oderbruch nimmt ĂŒbrigens ein denkwĂŒrdiges Ende. Als wir in ZollbrĂŒcke aufbrechen, geht die Uhr schon gegen Mitternacht. LĂ€ngst hat mich mein Mobilfunkanbieter per SMS in Polen begrĂŒĂt und auch im Autoradio wird nur polnisch gesprochen. Google Maps reagiert auf meine Frage nach dem Weg zu unserer Unterkunft ĂŒberhaupt nicht.
Deshalb irren wir erst einmal im Mondschein von einer Umleitung zur nĂ€chsten StraĂensperrung, bevor wir auf Umwegen die BundesstraĂe finden.
Extra: Authentisch essen im Gasthof âZum Alten Fritzâ
In Altlewin essen wir im wohl bekanntesten Restaurant des Oderbruchs zu Mittag: im Gasthof „Zum Alten Fritz“. Obwohl die Oder einige Kilometer entfernt ist, zĂ€hlt Fisch in vielen Variationen zu den SpezialitĂ€ten des Restaurants.
Wir sitzen drauĂen in der Sonne unter hohen BĂ€umen. Die PlĂ€tze vor dem Haus sind ĂŒbrigens an diesem herrlichen Sonntag auĂerordentlich beliebt. Ich genehmige mir Brat-Aal â hatte ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr â und werde nicht enttĂ€uscht. Der Aal ist schmackhaft und knusprig. Dazu gibt es Kohl, Bratkartoffeln und einen gemischten Salat. So lĂ€sst es sich aushalten.
Durchs Oderbruch mit dem Bus
Altlewin wird ebenso wie Neulitzegöricke und das Theater am Rand in ZollbrĂŒcke vom Oderbus angefahren, der neuen Buslinie 879 durch das Oderbruch. 32 Haltestellen liegen zwischen Bad Freienwalde und Wriezen. Der Bus fĂ€hrt von Ostern bis Oktober samstags, sonntags und an Feiertagen. Mehr ĂŒber die Route und den Fahrplan finden Sie hier .
Alle Fotos, falls nicht anders vermerkt: Beate Ziehres
Ăbrigens: Zum Oderbruch zĂ€hlt auch Altfriedland mit dem Kloster und der Klosterkirche. Ăber Altfriedland lesen Sie ausfĂŒhrlich in meinem Beitrag ĂŒber Buckow und die MĂ€rkische Schweiz.
Ganz lieben Dank an die Mitarbeiterinnen vom Seenland Oder-Spree, die unsere Cabrio-Tour durch das Oderbruch mit vielen Insider-Tipps, einem Routenplan und organisatorischer Vorarbeit unterstĂŒtzt haben.Â