Der Norden von Afrika fasziniert mit orientalisch anmutendem Kunsthandwerk, edler Mode und leichtem Lebensgefühl. Zwischen der Mittelmeerregion im Norden Tunesiens, ihren Olivenhainen und Zitronenbäumen sowie und der Wüste Sahara geben sich Tradition und Moderne die Hand. Eine Reise von der Metropole Tunis in die Oasenstadt Tozeur – auf der Spur von lässigem, kosmopolitischen Lifestyle und tunesischer Lebensart.
Einkaufen in der Medina von Tunis
In der am Mittelmeer gelegenen tunesischen Hauptstadt pulsiert das Leben. Insbesondere die Medina von Tunis, die im 12. Jahrhundert entstand und zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, hat es mir angetan. Ich liebe es, durch die Gassen und die Souks zu bummeln, erfreue mich an bunten Tüchern und wiege Seidenstoffe in der Hand. Farbigen Leder-Babouches kann ich nicht widerstehen, ich muss sie zumindest anprobieren.
Eingehüllt in munteres Stimmengewirr sauge ich den berauschenden Duft orientalischer Gewürze ein. In Sichtweite der Zitouna-Moschee, die aus dem 8. Jahrhundert stammt, entdecke ich einen Laden, der wunderschöne moderne Keramik anbietet. Ach, hätte ich doch Platz in meinem Koffer für diese fragilen Schätze!
Handarbeit: Chechias aus Tunis
Im Souk der Chechias, einer Art Ladenpassage ganz in der Nähe, hat Fathi Blaich seine Werkstatt. Er ist einer der letzten Chaouachis von Tunis. In kunstvoller Handarbeit fertigt er hier Chechias, die traditionelle Kopfbedeckung der Männer in Tunesien. Chechias bestehen aus Wolle. Besonders spezialisierte Frauen stricken im ersten Schritt von Hand große weiße Mützen, die später gefilzt werden.
In seinem winzig kleinen, in typischem Türkis gehaltenen Verkaufsraum demonstriert Fathi Blaich bei meinem Besuch die notwendigen Arbeitsschritte bis zur fertigen Kopfbedeckung. Die Kappen werden gebürstet, vorzugsweise im berühmten Zinnoberrot gefärbt und in Form gebracht.
Mit neuen Formen, Farben und Materialien versucht man inzwischen erfolgreich, auch eine jüngere Klientel für die Chechia zu begeistern. Doch den Großteil der Produktion exportieren die Chaouachis von Tunis ins Nachbarland Libyen sowie in andere afrikanische Länder.
Auf Künstler-Spuren in der Medina von Tunis
Die Farben und Düfte Tunesiens, das einzigartige Licht und das quirlige Leben in den Innenstädten faszinieren nicht nur mich. Die deutschen Maler August Macke und Paul Klee entdeckten das Land im Norden Afrikas bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts. Im April 1914 unternahmen sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Louis Moilliet eine Reise nach Tunesien, die als Tunisreise in die Kunstgeschichte einging. Die Reise gilt als Schlüsselereignis der Kunst des 20. Jahrhunderts.
Auf dem Weg durch die Medina von Tunis passiere ich das Grand Hotel de France in der Rue M Mbarek. Hier hat August Macke während seiner Zeit in Tunis logiert. Im Hotel ist man sich des berühmten Gastes sehr wohl bewusst. Während ich am typisch tunesischen Minztee nippe, kann ich an der Wand gegenüber der Rezeption Werke von August Macke betrachten. Die einfachen Zimmer sollen noch genauso aussehen wie zu Mackes Zeiten. Und der ruhige Innenhof mit der Palme, die höher als die Dächer der umgebenden Häuser wächst, ist definitiv einen Besuch wert.
Die Kunst – sie ist auch heute noch präsent in der Altstadt von Tunis. Die ehemalige katholische Heilig-Kreuz-Kirche, von deren Dach man übrigens einen guten Blick über die Nachbarschaft bekommt, wurde aufwändig saniert und dient heute als Ausstellungsraum.
Modern oder traditionell: Luxus im Herzen der Altstadt
Seitdem ich das erste Mal in der Medina von Tunis war, träume ich von einem längeren Aufenthalt in dieser wundervollen Umgebung. Müsste ich mich allerdings für ein Hotel entscheiden, hätte ich wahrlich die Qual der Wahl. Meine beiden Favoriten liegen im Herzen der Altstadt und nehmen sich in Sachen Lifestyle nichts!
Dar El Jeld – Hotel, Spa und Restaurants
Nur wenige Schritte von der Zitouna-Moschee und den Souks von Tunis entfernt liegt das Dar El Jeld. Hinter dem riesigen gelben, mit Nagelmotiven verzierten Portal verbirgt sich ein luxuriöses Hotel mit Spa und zwei Restaurants. Schauen wir zuerst einmal das schicke Ambiente des Dar El Jeld an:
Nun zu den Restaurants: Da gibt es einmal das Dar El Jeld Restaurant, das weithin bekannt ist für erstklassische traditionelle tunesische Küche. Mein Lieblingsort zum Essen in der Medina von Tunis ist jedoch die Roof top Bar mit Restaurant. Von hier aus überblickt man nicht nur die komplette Altstadt. Die Sicht reicht bis zu den Grenzen der Metropole, wo sich Berge erheben und das Meer zu erahnen ist.
Bei meinem jüngsten Besuch anlässlich der Tunis Fashion Week im November genoss ich mit den Kolleginnen und Kollegen ein Mittagessen auf der Dachterrasse des Dar El Jeld. Die Sonne meinte es so gut, dass wir froh waren, unter dem Schatten großer Schirme sitzen zu dürfen. Bei weniger schönem Wetter speist man innen im modernen Ambiente genauso exzellent wie draußen.
Boutique Hotel Dar Ben Gacem
Noch einige Gassen weiter in Richtung Moschee Bab Bnet liegt in der Rue du Pacha das Boutique Hotel Dar Ben Gacem. Bei einem früheren Besuch in Tunis habe ich dort die Besitzerin Leila Ben Gazem getroffen. Leila Ben Gazem ist eine der beiden Hauptorganisatorinnen des Trails „Ultra Mirage“. Dieses sportliche Großereignis lockt alljährlich Langstreckenläufer aus aller Welt in die Wüste Tunesiens.
Im Dar Ben Gacem Pasha hat sie mir Zimmer im traditionellen tunesischen Stil gezeigt sowie traumhaft schöne Sitzplätze im Innenhof und auf der verwinkelten Terrasse über den Dächern der Medina von Tunis – kurz, ein Haus, in das ich mich sofort verliebt habe. Es wurde im 17. Jahrhundert von der berühmten Parfümeur-Familie Aoun gebaut. Die Familie lebte 300 Jahre lang in diesem Haus und ging in der Altstadt ihrem duftenden Handwerk nach.
Lifestyle im modernen Tunis
Auf dem Weg in Richtung Neustadt verlasse ich die Medina durch das Bab el Bahr, das Tor des Meeres und fühle mich plötzlich nach Paris versetzt. Auf der Avenue Habib Bourguiba promeniert man im Schatten von rund geschnittenen Ficus-Bäumen. Moderne Tunesierinnen in Jeans und mit großen Sonnenbrillen treffen sich im Café Champs-Elysées. Man sitzt draußen und genießt einen Espresso, kunstvoll verzierte Crêpes Nutella oder ein Eis. Die Luft ist gefüllt von Lachen und dem wilden Hupen der Autos, die sich in der Rush Hour an Art-déco-Gebäuden, dem kultigen Stadttheater, der im byzantinisch-maurischen Stil erbauten Kathedrale und dem Uhrturm vorbeischieben.
Anissa Aida
Gediegene Ruhe herrscht hingegen in der Rue du 1er Juin 1955. In diesem Villenviertel prägen hohe Mauern, grüner Rasen, Palmen und Pools das Bild. Hier in direkter Nachbarschaft einiger Botschaften lebt und arbeitet die Modedesignerin Anissa Meddeb. Die Gründerin des Labels Anissa Aida präsentiert hier ihre neuesten Kollektionen.
Anissas Entwürfe sind inspiriert von den Farben und Formen Tunesiens und Japans und verstehen sich als Symbiose der Kulturen beider Länder. Die Modedesignerin ist fasziniert von der traditionellen Handwerkskunst Japans und Tunesiens. Blau ist die Farbe ihrer Wahl, kombiniert mit neutralen Tönen. Geometrische Formen, Color-Blocking und Patchworks werden aufgelockert durch asymmetrische Schnitte und hin und wieder sogar Rüschen. Bei den Modeschauen anlässlich der Tunis Fashion Week auf dem Chott el Djerid trägt meine Blogger-Kollegin Katharina Perlbach das Kleid „Kyoto“ von Anissa Aida.
Die Oasenstädte Tozeur und Nefta
Nach einem anregenden Tag in Tunis begeben wir uns auf den Weg in Richtung Südosten. Vorbei an Olivenhainen und Obstplantagen geht es zuerst nach Kairouan und dann weiter nach Tozeur. Hier erwartet uns eine komplett andere Welt als im mediterran geprägten Tunis. Doch auch am Rand der Wüste Sahara werden Lebensart, Mode und Kunst großgeschrieben.
Von meinem ersten Besuch im Süden Tunesiens ist mir die beeindruckende traditionelle Architektur in Erinnerung geblieben. Die Häuser aus ockerfarbenen Ziegelsteinen verfügen über ein typisches geometrisches Dekor.
Ich tauche wieder einmal ein in die Gassen der Altstadt von Tozeur, besuche eine Künstlerin in ihrer Galerie und entdecke im Souk von Tozeur schicke Läden, in denen Kunsthandwerk angeboten wird. Auch an äußerst stilvollen Hotels mangelt es in Nefta und Tozeur nicht. Später in diesem Beitrag nehme ich euch mit ins Öko-Designhotel Dar Hi in Nefta. Gemeinsam werfen wir auch einen Blick in die traumhaft schöne Anlage des am Salzsee Chott el Djerid gelegenen Luxusresorts Anantara Tozeur.
Kunst und Lebensart in der Medina von Tozeur
Wer die Schwelle der Galerie Tozart in der Altstadt von Tozeur übertritt, steht nach wenigen Schritten im Innenhof. Dies ist das Freiluft-Wohnzimmer von Raoudha Bribech. Schon zweimal durfte ich die Künstlerin in ihrem Reich besuchen. Ich muss zugeben, dass ich gerne zu Gast bin bei der selbstbewussten Frau, die alleine hier in der Medina lebt und arbeitet. Raoudha ist ein Allroundtalent. Sie malt wunderschöne Bilder und Wandbehänge, töpfert und gestaltet Mosaikgegenstände. Sogar den Gürtel, den Raoudha bei meinem jüngsten Besuch trägt, hat sie selbst gemacht. Und: Ich liebe ihren Innenhof mit dem geschmackvoll zusammengestellten Sammelsurium aus Pflanzen und Kunstwerken.
Nach dem Besuch in Raoudha Bribechs Galerie Tozart geht es weiter auf der Avenue de Kairouan. Am Eingangstor der Medina öffnet sich am Musée d’Arts Tozeurous die Straße zu einem kleinen Platz. Webteppiche in traditionellen Berbermustern liegen auf einem Podest und dekorieren die Hauswände, daneben sind allerhand kunsthandwerkliche Gegenstände aus der Region zu sehen.
Rechterhand lädt eine Art Kaufhaus zum Stöbern ein. Ich überspringe den Einkauf an dieser Stelle und steige stattdessen alle Treppen hoch bis aufs Dach des Gebäudes. Hier befindet sich das Café Berbère. Dieses Lokal ist sicherlich kein Geheimtipp, aber ein wundervoller Ort mit einer grandiosen Aussicht auf die Altstadt von Tozeur, einem total netten Wirt und einer himmlischen Geräuschkulisse. Im urgemütlichen Gastraum haben nämlich die Kanarienvögel in zahlreichen Käfigen an den Wänden das Sagen.
Hier genehmigen wir uns eine Citronnade – ein Muss im Café Berbère. Es ist die beste Citronnade, die ich jemals getrunken habe. Die eisgekühlte traditionelle Zitronenlimonade besteht aus pürierten Zitronen und Zitronenschale, stillem Wasser sowie einem Hauch frischer Minze und ist wunderbar erfrischend.
Markt der Handwerker – Souk El Rbaa in Tozeur
Nun lockt der überdachte Markt der Handwerker, der Souk El Rbaa. Hier bummelt man unter einem Himmel von Webteppichen, einer schöner als der andere – die reinste Augenweide. In den Läden links und rechts des Gangs bieten die Händler Kunsthandwerk vom feinsten an. Ich verschwinde in einem Laden namens Alef-Deco und bin überwältigt von der Vielfalt des Angebots. Auch hier gibt es Teppiche, aber auch seidig schimmernde Tücher, Basttaschen, Keramik, farbige Trinkgläser und kunstvoll gehämmerte Metallgefäße – die ganze Handwerkskunst Nordafrikas ist hier vereint. Ich fühle mich wie im siebten Himmel, könnte hier stundenlang verweilen und einkaufen.
Doch draußen ist es inzwischen dunkel geworden. Ich suche noch einen Hut, um mich auf dem Chott el Djerid vor der Sonne zu schützen. In einem winzigen Laden gegenüber der Ferkous-Moschee mit dem filigranen achteckigen Minarett werde ich fündig. Ein alter Mann verkauft das gesuchte Objekt.
Öko-Designhotel Dar Hi in Nefta
Die Oase Nefta ist bekannt für ihren Palmenhain mit dem bezeichnenden Namen „Corbeille“, weiße Sanddünen, ein Fels in der Form eines Kamelkopfes namens Ong Jmal und als Star Wars Drehort ‚Mos Espa’. Ein Ort, der mir beim Stichwort „Nefta“ ebenfalls sofort in den Kopf kommt, ist das Öko-Designhotel Dar Hi Life. Mit Sicht auf Palmengärten und einen Teil der Stadt habe ich auf der Terrasse des Dar Hi bereits unvergessliche Stunden verbracht.
Neben hervorragendem Essen in Bio-Qualität bietet das Hotel 18 außergewöhnliche Zimmer, ein Hamam, Sauna, Wellness-Angebote und einen Thermalwasser-Pool.
Luxusresort Anantara Sahara Tozeur
Ein Beitrag über Lifestyle in Tunesien wäre nicht komplett, ohne den Blick an den Rand der Stadt Tozeur gewendet zu haben. Umgeben vom Sand der Wüste Sahara liegt hier das Luxusresort Anantara Sahara Tozeur. Es soll das beste Hotel Tunesiens sein. Bei meinem jüngsten Besuch durfte ich einen Wellness-Tag im Anantara einlegen.
Fotos, sofern nicht anders gekennzeichnet: Beate Ziehres
Mein liebster Dank geht an Andrea Philippi vom tunesischen Fremdenverkehrsamt in Frankfurt, die mir all diese wundervollen Orte gezeigt hat. Die Eindrücke habe ich während mehrerer Pressereisen gesammelt. Der Artikel bleibt davon unbeeinflusst.