Wusstet ihr, dass in Rom 3 Staaten friedlich nebeneinander existieren? Rom gehört zu Italien – soweit ist die Sache klar. Und dass sich im Herzen der Ewigen Stadt der Vatikan – also ein eigener Staat – befindet, weiß auch jedes Kind. Aber welchen dritten Staat gibt es da noch? Schon mal vom Souveränen Militärorden Malta (SMOM) gehört? Streng genommen ist er zwar nur fast ein eigener Staat, da er über kein eigenes Territorium verfügt. Trotzdem wird er von vielen Ländern als souveräne Entität anerkannt. Interessanterweise befindet sich der Hauptsitz des Malteser-Ordens eben nicht, wie der Name vermuten ließe, auf der Insel Malta, sondern in der italienischen Hauptstadt. Dies ist nur eine von vielen erstaunlichen Geschichten aus Rom.
Inhalt
- Auf Besuch bei der Ministerpräsidentin
- Heiraten in Rom
- Der Vatikan: eine Monarchie mitten in Rom
- Der Vatikan – verstreut in der Ewigen Stadt
- Der Kotstuhl im Lateran-Palast
- Die Papst-Mosaiken in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern
- Der Hauptsitz des Malteserordens: gleich neben Buffalo Bill
- Ein Blick durchs Schlüsselloch auf dem Aventin
- Erstaunliche Geschichten und witzige Storys
Auf Besuch bei der Ministerpräsidentin
Aber alles der Reihe nach. Der Regierungssitz Italiens sowie der Amtssitz des Ministerpräsidenten ist der Palazzo Chigi, der direkt an der großen Einkaufsstraße Via del Corso liegt. Früher ging hier der exzentrische Premier Silvio Berlusconi ein und aus, heute die erste Ministerpräsidentin des Landes, Giorgia Meloni. Dennoch ist es vorläufig der Amtssitz des Ministerpräsidenten, denn auch Meloni besteht darauf, als „il presidente del consiglio“ angesprochen zu werden, also als „der Ministerpräsident“. Den prächtigen Palazzo kannst du übrigens besichtigen, nach vorhergehender Anmeldung und gründlichen Sicherheitskontrollen.
Heiraten in Rom
Weniger bürokratisch, dafür umso romantischer geht es am Kapitolhügel zu. Er ist 15 Minuten zu Fuß entfernt und liegt gleich neben der Piazza Venezia. Dort befindet sich der Senatorenpalast und in diesem der Sitz der römischen Stadtregierung. Außerdem wird in besagtem Senatorenpalast geheiratet, was das Zeug hält. Egal ob Römer oder Chinesen, in der prächtigen Sala Rossa werden Hochzeitsträume wahr.
Und damit auch die Eheträume der Römerinnen und Römer nicht den Bach hinuntergingen, haben sie sich früher streng an einen ganz besonderen Brauch gehalten: Unmittelbar nach der Trauung musste jedes frisch vermählte Paar die Marc-Aurel-Statue im Zentrum des sternförmig angelegten Platzes vor dem Rathaus umrunden. Und zwar ganze siebenmal. Das Problem: Der goldene Marc Aurel musste 1990 witterungsbedingt seinen Platz räumen und ins Museum umziehen. Zwar wurde er durch eine ebenso schöne Kopie ersetzt, doch um diese wollte offenbar kein Hochzeitspaar mehr seine Runden drehen. Ein Zusammenhang mit der gestiegenen Scheidungsrate in der Stadt kann nicht ausgeschlossen werden … (Dies ist übrigens die Kurzfassung einer von 101 witzigen und erstaunlichen Geschichten aus unserem Buch „Schmankerl aus Rom“.)
Der Vatikan: eine Monarchie mitten in Rom
Mit dem Heiraten wird es im Vatikan wohl eher selten etwas, außer für die Schweizergarde und da erst frühestens ab dem Alter von 25 und nach 5 Dienstjahren. Zu diesem Zweck kommt man aber ohnehin nicht hierher, sondern wohl eher wegen des einzigartigen Ambientes und der Kunstschätze.
Wenn du die Grenze zwischen Rom (also Italien) und dem Vatikan am Petersplatz überschreitest, verlässt du übrigens auch die Demokratie und betrittst mit dem „Staat der Vatikanstadt“ eine Wahlmonarchie. Und zwar eine mit ganz vielen Besonder- und Eigenheiten: Der Vatikan ist zwar ein Staat, allerdings einer, dessen Staatsbürgerschaft man nicht dauerhaft erwerben kann. Sie wird nämlich ausschließlich an Personen verliehen, die im Dienst des Vatikans stehen und nach der Dienstzeit wieder entzogen.
Streng genommen verlässt du sogar die EU, wenn du auf dem Petersplatz dem Papst zujubelst. Es gibt eigene Vatikan-Münzen und die Geldauswahl am Bankomat kannst du, wenn gewünscht, auf Lateinisch treffen. Wichtig: Die Postkarten mit den Briefmarken aus dem Kleinstaat gehören in den gelben vatikanischen Briefkasten und nicht in den roten römischen, wenn sie bei den Lieben zu Hause tatsächlich ankommen sollen.
Das Gedränge am Petersplatz ist meistens groß, die Schlange vor der Sicherheitskontrolle am Petersdom lang. Außer du kommst, so wie wir, am Abend hierher, dann, wenn es bereits dunkel ist. Da hat der Petersdom zwar schon geschlossen, aber die grandiose Atmosphäre kannst du fast allein genießen. Glaub uns, der Anblick ist überwältigend!
Der Vatikan – verstreut in der Ewigen Stadt
Wusstest du, dass zum Vatikan nicht nur das Gebiet hinter den Mauern auf dem Vatikanhügel gehört? Nein, es gibt auch extraterritoriale Gebiete, und zwar mitten in der Stadt und auf dem Land. Mit Letzterem ist unter anderem Castel Gandolfo gemeint, der Ort, in dem die Sommerresidenz der Päpste liegt. Sie ist definitiv einen Besuch wert und kann, seit Papst Franziskus als erster Papst seine Sommer in Rom verbringt, besichtigt werden. Inklusive des päpstlichen Schlafzimmers.
Zu den extraterritorialen Gebieten des Vatikans in Rom gehören die Basiliken San Giovanni in Laterano, Santa Maria Maggiore und Sankt Paul vor den Mauern. Sie alle werden nächstes Jahr, das bekanntlich ein heiliges ist, regen Pilgerzustrom haben.
Der Kotstuhl im Lateran-Palast
Möglicherweise wirst du, solltest du dich im Heiligen Jahr mit Millionen von Pilgern nach Rom wagen, auch den Kotstuhl, den „sedes stercorata“, im zur Basilika gehörenden Lateran-Palast besichtigen können. Okay, vermutlich nur die Kopie, wenn man der Wissenschaft glaubt. Das Original dürfte sich im Pariser Louvre befinden, da Napoleon einen solchen Stuhl aus Marmor – im Glauben, es handle sich um einen Kaiserthron – als Beute mitgenommen hat. Ein weiteren derartigen Stuhl gibt es übrigens in den Vatikanischen Museen. Doch was ist daran so interessant?
Eine Legende besagt, dass ab dem 12. Jahrhundert alle Päpste im Zuge ihrer Inthronisierung in der Lateran-Basilika auf diesem Stuhl mit dem Loch in der Sitzfläche Platz nehmen mussten. Dann sei es angeblich von unten zu einer händischen Inspektion der empfindlichsten Teile des neuen Heiligen Vaters gekommen. Schließlich wollte man sicherzugehen, dass der Papst ein Mann und keine Frau sei. Sobald dies geklärt war, erschallte der Ruf: „Duos habet“ – zwei Stück vorhanden. „Et bene pendentes“ – wohlhängend noch dazu.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Die Geschichte ist nicht wahr. Sie wurde irgendwann erfunden und weitererzählt.
Der Stuhl wurde allerdings tatsächlich – mehr oder weniger freiwillig – von den frisch gekürten Päpsten verwendet. Das Ziel: den neuen Päpsten Demut beizubringen. Indem sich das Kirchenoberhaupt auf diesen Stuhl setzte, sollte ihm bewusst gemacht werden, dass er sterblich war und irgendwann verwesen, also zu stinkendem Kot werden würde.
Die Papst-Mosaiken in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern
Apropos Tod der Päpste. Auch dazu gibt es eine Legende. Sie betrifft die etwas vom Stadtzentrum entfernt liegende Basilika Sankt Paul vor den Mauern, die ebenfalls zum Vatikan gehört. Für uns ist das auf der Ausfahrtsstraße nach Ostiense errichtete Gotteshaus mit der goldenen Kassettendecke außerdem eine der schönsten und stimmungsvollsten Kirchen Roms. Sie zieht einen richtiggehend in Bann, ein Besuch lohnt sich also schon allein deswegen.
Spannendes Detail: Über den Säulen des ganzen Innenraums befinden sich Mosaikporträts aller bisherigen Päpste, von Petrus bis Franziskus. Und genau hier hat die nächste Legende ihren Ausgang. Es heißt, dass das Ende der Welt dann kommen wird, wenn kein Papst-Medaillon dort mehr Platz finden kann. Für Papst Johannes Paul II., der zu seiner Amtszeit eine der letzten freien Stellen ergattert hatte, war dieses Risiko eindeutig zu groß. Und so wurden auf seinen Wunsch hin weitere Porträt-Stellen geschaffen, sodass es Stand heute noch 26 davon gibt. Die Welt ist also – vorläufig – gerettet.
Der Hauptsitz des Malteserordens: gleich neben Buffalo Bill
Aber genug vom Vatikan: Reden wir über den Fast-Staat SMOM, den maltesischen Militärorden. Der hat seinen Sitz im Palazzo Magistrale in der Via dei Condotti 68, unweit der Spanischen Treppe, die übrigens in Wirklichkeit „Scalinata di Trinità dei Monti“ heißt.
Auf dem Weg von der berühmten Treppe zum Palazzo di Malta, wie das Gebäude auch genannt wird, kommst du an einem besonderen Café vorbei: dem Antico Caffè Greco. Es handelt sich dabei um das zweitälteste Café Italiens, das früher der Treffpunkt von Adel, Intellektuellen und Künstlern war. Von Audrey Hepburn bis Prinzessin Diana waren alle da. Und davor noch ein Gast, der nicht ganz hierher passt: 1890 kam Frederick Cody, alias Buffalo Bill, mit einer Gruppe Cowboys im Antico Greco auf einen Kaffee vorbei. Eine Büste von ihm kannst du bis heute besichtigen. Und dabei einen Espresso trinken, der trotz der illustren Gäste nicht nur gut schmeckt, sondern obendrein recht günstig ist.
Zurück zum Malteser-Orden. Der widmet sich vor allem der medizinischen, sozialen und humanitären Arbeit. Der Palazzo Magistrale in Rom ist der Sitz des Großmeisters sowie der Regierung des Ordens und hat vom italienischen Staat extraterritoriale Rechte verliehen bekommen. Ähnlich wie der Vatikan unterhält er diplomatische Beziehungen zu mehr als 100 Staaten und zur Europäischen Union. Sogar bei den Vereinten Nationen hat er einen Beobachterstatus.
Vor dem Palazzo Magistrale weht die Fahne des Ritterordens mit dem bekannten weißen lateinischen Kreuz auf rotem Grund. Ist der Großmeister im Haus, wird seine persönliche Fahne noch zusätzlich gehisst. Selbstredend haben auch die Autos der Würdenträger ein eigenes Kennzeichen: SMOM. Vom Eingangstor aus kannst du einen Blick auf die im Hof parkenden Ordenslimousinen erspähen.
Noch ein interessantes Detail gibt es: Obwohl es sich um einen männlich dominierten Orden handelt, dürfen – anders als beim Vatikan – Frauen bei der Wahl des neuen Chefs, also des Großmeisters, mitstimmen. Geradezu fortschrittlich, oder?
Ein Blick durchs Schlüsselloch auf dem Aventin
Neben dem Palazzo in der Innenstadt besitzt der Malteser-Orden auch die Villa del Priorato di Malta auf dem Aventin-Hügel, in der sich beachtliche Kunstschätze befinden. Doch für Rom-Fans ist das prächtige Gebäude an der Piazza dei Cavalieri di Malta aus einem anderen Grund interessant: Wenn du einen Blick durch das Schlüsselloch des großen grünen Eingangstores wirfst, dann erwartet dich ein ganz besondere Überraschung. Vor dir taucht die Kuppel des Petersdoms auf, ganz so, als würdest du durch ein Fernglas sehen. Sie erscheint plötzlich ganz nah und wird noch dazu links und rechts von der grünen Hecke, die tatsächlich unmittelbar hinter dem Schlüsselloch liegt, gesäumt. Ein ganz toller Anblick, den du nicht verpassen solltest! Zumindest, wenn nicht gerade renoviert wird und der berühmte Blick durch Bagger und Ähnliches verstellt ist. So ist es uns nämlich bei unserem vorletzten Rom-Besuch ergangen!
Wenn du schon mal auf dem Aventin bist, dann empfehlen wir dir noch einen Spaziergang durch den hübschen Orangengarten mit einem herrlichen Blick auf die Ewige Stadt. Außerdem lohnt sich ein Besuch der mystischen Basilica di Santa Sabina, eines der ältesten Gotteshäuser der Roms, die auch als beliebte Hochzeitskirche gilt.
Am Fuße des Hügels, 800 Meter weiter, kommst du beim Circus Maximus an, von wo du deine Rom-Besichtigung bequem fortsetzen kannst.
Erstaunliche Geschichten und witzige Storys
Magst du ungewöhnliche Geschichten und unnützes Wissen? Dann gefällt dir vielleicht unser Buch „Schmankerl aus Rom“. Es ist eine humorvolle Ergänzung zum Reiseführer, perfekt zur Einstimmung auf deine nächste Rom-Reise oder für ein paar Stunden Dolce Vita zu Hause. Lachtränen garantiert, neues Angeberwissen nicht ausgeschlossen!
Mehr dazu findest du auf unserer Website www.urban-storys.com
Alle Bilder: Marie Fröhlich und Sonja Warter