Spannende Ausflüge in die Vergangenheit, kulinarische Genüsse, kilometerlange weiße Sandstrände und türkisfarbenes Wasser – all das gehört zu einem Urlaub in und um Kelibia auf der tunesischen Halbinsel Cap Bon. Abseits der bei Touristen überaus beliebten Stadt Hammamet sind auf dem schon im Januar blühenden Kap beispielsweise die Reste der punischen Stadt Kerkouane als UNESCO Kulturwelterbe anerkannt.
Inhalt
Das Cap Bon – der Name ist Programm
Bereits am Nachmittag vor der Reise zum Cap Bon darf ich einen verheißungsvollen Blick erhaschen. Von der Terrasse des legendären „Café des Délices“ in Sidi Bou Saïd aus sehe ich auf der anderen Seite des Golfs von Tunis eine bergige Silhouette – ein überaus reizvoller Eindruck, der sich noch verstärken soll.
Am nächsten Tag erscheint der Djebel Korbous wie eine Fata Morgana aus dem Morgennebel. Ich sitze im Bus und nähere mich von Tunis kommend dem Cap Bon. Der Djebel Korbous ist mit seinen mehr als 400 Metern der höchste Berg der Halbinsel im äußersten Nordosten von Tunesien.
Die Bezeichnung Cap Bon kommt übrigens aus dem Französischen und bedeutet „schönes Kap“. Im weiteren Verlauf der Fahrt stelle ich fest: Der Name ist Programm. Olivenhaine, Orangenplantagen, blühende Mandelbäume und gelbe Blütenteppiche erstrecken sich unter dem blauen Himmel bis zu den grünen Hügeln des Kaps und bis zum türkisfarbenen Meer.
Als „fruchtbaren Landzipfel, mit dem Afrika Europa die Hand reicht“ bezeichnete Hans-Jochen Kaffsack das Cap Bon einmal im Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Tatsächlich ist Sizilien vom eigentlichen Kap Bon, der nördlichsten Spitze der Halbinsel, nur 140 Kilometer entfernt. Von Kelibia aus ist Europa sogar zu sehen. Die italienische Insel Pantelleria liegt nur 60 Kilometer vor der Ostküste des Cap Bon.
Ausflug in die Vergangenheit des Cap Bon
Auf der Halbinsel östlich der tunesischen Hauptstadt Tunis entdeckt man noch heute eindrucksvolle Spuren der Menschen, die schon vor mehreren Jahrtausenden hier gelebt haben. Die ältesten auf dem Cap Bon erhaltenen Anlagen stammen von den Puniern. Sie wurden auch Phönizier oder Karthager genannt und besiedelten in den Jahrhunderten vor Christi Geburt nicht nur Gebiete in Nordafrika, sondern im gesamten Mittelmeerraum. Karthago als Zentrum des riesigen Reichs lag in Sichtweite des Cap Bon zwischen der tunesischen Hauptstadt Tunis und dem Künstlerort Sidi Bou Saïd.
Nach der sprichwörtlichen Vernichtung der Punier durch die Römer übernahmen die neuen Machthaber auch die Siedlungen auf Cap Bon. Später kamen die Byzantiner, die Araber, die Mauren und die Franzosen. Sie alle haben Spuren hinterlassen, die noch heute die Besonderheiten des Cap Bon ausmachen.
Kelibia
Über Kelibia thront beispielsweise eine byzantinische Festung. Ich mache einen Rundgang auf den Wehrmauern und genieße die Aussicht auf den Hafen, die Stadt, den Strand und das Umland. Heute kommen die Menschen insbesondere wegen der weißen, feinsandigen Strände und des kristallklaren Wassers nach Kelibia.
Da ich jedoch an einem regnerischen Februartag in Kelibia bin, begnüge ich mich mit der Aussicht und der Erkundung der Festung. Die Burg mit mächtigen Wehranlagen verfügt über einen Wasserturm und im Inneren über eine byzantinische Festung, Reste einer ottomanischen Moschee und ottomanische Thermen.
Mehrere Kanonen sind interessanterweise immer noch auf den Hafen gerichtet, der schon unter den Puniern und Römern eine strategisch wichtige Rolle spielte. Heute ist Kelibia ein bedeutender Fischereihafen.
Tatsächlich wurden auf dem Burgberg Spuren aus punischer und römischer Zeit entdeckt. Die Festung, wie sie heute erhalten ist, stammt jedoch aus dem 16. Jahrhundert. Laut Sami Ben Chelbi vom regionalen Fremdenverkehrsamt Nabeul Hammamet ist das Fort von Kelibia wohl die größte Festung in Tunesien. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten in den vergangenen Jahren ist die Burg nun wieder zugänglich und auf jeden Fall einen Besuch wert.
Punische Stadt Kerkouane
Die Ausgrabungsstätte der punischen Stadt Kerkouane liegt 12 Kilometer nördlich von Kelibia auf einer Klippe direkt am Meer. Hier haben Archäologen ein einzigartiges Zeugnis phönizisch-punischen Städtebaus entdeckt. Eine etwa 14 Meter dicke Stadtmauer, Stadttore und Wachtürme, Wasserleitungen, komfortabel ausgestattete Wohnhäuser mit Bädern, Läden, Werkstätten, relativ breite und gerade Straßen, Plätze und Tempel sind zu erkennen.
Die Wissenschaftler gehen aufgrund der Stadtfläche und der Anzahl der Gebäude davon aus, dass hier etwa 2000 Menschen lebten. Sie waren Handwerker, Fischer oder Kleinhändler und pflegten einen städtisch geprägten Lebensstil. Gefunden wurden ein Töpferofen und Hinweise auf eine punische Purpurmanufaktur. Im angeschlossenen Museum finden sich Gegenstände der Bewohner, besonders geformte Mauersteine, Gefäße und Mosaike sowie ein Modell der Stadt.
Man vermutet, dass die Stadt zweimal zerstört wurde: einmal im Jahr 310 v. Chr. durch Agathokles, auch bekannt als Tyrann von Syrakus, und final im ersten römisch-karthagischen Krieg um 250 v. Chr. Anders als viele andere punische Städte wurde Kerkouane jedoch nicht von den Römern wiederaufgebaut.
Die punische Stadt Kerkouane und ein dazugehöriger Friedhof, die Nekropole Arg El Ghazouani, gehören seit 1985 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Punische Nekropole Sidi Salem in Menzel Temime
Während meines Besuchs auf Cap Bon begleitet mich Sami Ben Chelbi zu einem Grabhügel aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. Die punische Nekropole (Totenstadt) Sidi Salem liegt in Menzel Temime, einer Stadt an der Ostküste des Cap Bon zwischen Kelibia und Korba.
Hier finden sich etwa 20 punische, in den Fels gehauene Grabkammern. Die Nekropole ist offen zugänglich.
In der Nähe liegt auch ein Marabout mit einer grünen Kuppel. Es handelt sich dabei um die Grabstätte eines islamischen Heiligen, die ebenfalls Marabouts genannt werden. Einige dieser Grabstätten gelten selbst als heilige Stätten. Vornehmlich Frauen gehen dorthin, um zu beten, sagt Sami.
UNESCO Weltkulturerbe-Route
Als eine von zwei neuen touristischen Routen hat das tunesische Ministerium für Tourismus Anfang 2024 die UNESCO Weltkulturerbe-Route vorgestellt. Die Überreste der punischen Stadt Kerkouane sind Bestandteil dieser Route, die in Dougga beginnt und auf der Insel Djerba endet. Djerba mit seiner speziellen Siedlungslandschaft in einem Inselgebiet wurde erst 2023 als Welterbe anerkannt. Insgesamt gibt es in Tunesien 9 UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten.
Weitere Orte an der neuen UNESCO Weltkulturerbe-Route sind
- Nationalpark Ichkeul
- Medina von Tunis
- Ausgrabungsstätte von Karthago
- Medina von Sousse
- Römisches Kolosseum von El Jem
- Moschee und Medina von Kairouan
El Haouaria
Meine Reise entlang der Ostküste des Cap Bon geht von Kerkouane weiter in Richtung Norden. Doch irgendwann wendet sich die Straße nach Westen und lässt die nördlichste Spitze der Halbinsel mit der imposanten Leuchtturm von Cap Bon rechts liegen. Wir erreichen El Haouaria.
Die Küste von El Haouaria hat in der Vergangenheit große Momente erlebt. Hier landeten die griechischen, römischen und punischen Flotten. Außerdem befinden sich bei El Haouaria die berühmten Steinbrüche, deren Muschelkalksteine beispielsweise für den Bau der Stadtmauer von Karthago genutzt wurden. Verschiedene römische Monumente und mittelalterliche Moscheen entstanden ebenfalls aus diesem Stein.
Aus Sicherheitsgründen darf unsere Gruppe zwar die Steinbrüche selbst nicht betreten. Ein alter Mann erlaubt uns aber den Zugang zu den Grotten von El Haouaria, einer eigenen Sehenswürdigkeit. Im Schein der tiefstehenden Nachmittagssonne bietet sich uns ein unwirklicher Anblick. Genau der richtige Zeitpunkt für einen Besuch der Grotten!
Die surreale, von buntem Gestein geprägte Landschaft, das wechselnde Bild, das die schnellziehenden Wolken zeichnen, Lichtreflexe auf dem strahlend blauen Wasser – all das versetzt mich in einen Rauschzustand. Ich könnte hier Stunden verweilen und fotografieren.
Übrigens ist El Haouaria bei Vogelkennern berühmt, denn Scharen von Zugvögeln machen auf ihrer Rückreise aus Afrika hier eine Pause, um sich auszuruhen, bevor sie übers Meer nach Sizilien fliegen. Auch die Tradition der Falknerei ist in El Haouaria entstanden. Das alljährliche Falkenfest lockt sogar finanzkräftige Besucher aus den Emiraten an, die meist auch einen auf dem Cap Bon gezüchteten Falken kaufen.
Korba
Die kleine Küstenstadt Korba – 40 Kilometer südlich von Kelibia gelegen – bestand schon in punischer Zeit und wurde von den Römern zur Festung ausgebaut. Doch die spärlichen Relikte aus dieser Zeit sind es nicht, die Touristen in die Stadt locken. Es sind vielmehr die Traumstrände am Golf von Hammamet, die einladen, in Korba Urlaub zu machen.
Mit etwas Glück lassen sich in der Lagune von Korba Flamingos beobachten. Auch Delfine sind häufig und gerne gesehene Gäste an den Küsten des Golfs von Hammamet.
Ich habe in Korba im Hotel Africa Jade Thalasso übernachtet. Anfang Februar hat mir hier insbesondere der Salzwasser-Indoor-Pool gefallen. Ich werde das Hotel demnächst in einem eigenen Beitrag vorstellen.
Kulinarische Genüsse vom Cap Bon
Wie eingangs erwähnt prägen Olivenhaine, Orangen- und Zitronenplantagen sowie Mandelbäume das Landschaftsbild auf Cap Bon. Korba hingegen ist berühmt für Chilischoten und Erdbeeren. Von den landwirtschaftlichen Klein- und Kleinstbetrieben in Korba kommt der größte Teil der in Tunesien produzierten Erdbeeren. Möglicherweise hat aber auch der Tomatenanbau neben Chilis und Erdbeeren dazu beigetragen, dass Korba die „Rote Stadt“ genannt wird.
Dabei gedeihen hier nicht nur rote, sondern auch grüne Früchte und Kräuter, darunter Fenchel und Koriander. Insbesondere der aromatische, frische Koriander wird auf lokalen Märkten verkauft.
In der Landwirtschaft arbeiten die Menschen auf dem Cap Bon noch auf ganz traditionell ökologische Weise mit Ziegendung. Geerntet wird meist von Hand. Die Frauen spielen dabei eine wichtige Rolle, sie seien aufgrund ihrer Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit eine wichtige Säule der Landwirtschaft, erklärt Sami Ben Chelbi.
In Nabeul lerne ich Hajer Lassoued und eine ihrer drei Schwestern kennen. Die vier Damen führen das väterliche Erbe fort, eine große Farm mit Olivenhainen. Sie sind Expertinnen für Olivenölverkostungen und haben ein Konzept entwickelt, das Besuchern des Cap Bon die lokalen kulinarischen Köstlichkeiten näherbringt. Von Hajer habe ich beispielsweise gelernt, wie man die typische tunesische Würzpaste Harissa herstellt.
Über meinen Besuch in Nabeul, die Olivenölverkostung, den Harissa-Workshop und eine weitere neue touristische Route, die kulinarische Route, berichte ich in einem eigenen Beitrag.
7 Gründe für Urlaub auf dem Cap Bon
- Tunis liegt in Sichtweite des Cap Bon und nur 2,5 Flugstunden von Deutschland entfernt.
- Auf dem Cap Bon blühen bereits Ende Januar die Mandelbäume und viele andere Pflanzen.
- Das Cap Bon ist landschaftlich sehr vielfältig und bietet schöne Sandstrände.
- Zahlreiche Zivilisationen, begonnen bei den Puniern, haben auf dem Cap Bon deutlich sichtbare Spuren hinterlassen.
- Sonne, Strand, türkisfarbenes Wasser, Meereselemente und Thermalquellen wirken wie Medizin.
- Auf dem Cap Bon werden Gaumenfreuden groß geschrieben: Couscous, Harissa, frischer Fisch, Oliven, saftiges Gemüse, süße Datteln kommen gerne auf den Tisch.
- Berge und Meer bieten auf dem Cap Bon viele Möglichkeiten für Aktivurlaub – vom Wandern bis zum Wracktauchen.
Fotos, sofern nicht anders gekennzeichnet: Beate Ziehres
Offenlegung: Zur Reise aufs Cap Bon wurde ich vom tunesischen Fremdenverkehrsamt in Frankfurt eingeladen. PAMPAT Tunisie sowie der tunesische Tour Operator Bonheur Voyages Hammamet unterstützten die Recherche. Ich beschreibe meine eigenen Eindrücke und habe kein Honorar erhalten. Herzlichen Dank für die Einladung an Andrea Philippi! Weitere Informationen über das Reiseland Tunesien und die Halbinsel Cap Bon finden sich auf discovertunisia.com.