Eine Okertour mit dem Kanu ist ein kleines Abenteuer, ein nachhaltiges noch dazu. Ich habe es ausprobiert und bin von Ohrum nach Wolfenbüttel gepaddelt. Romantisch windet sich der kleine Fluss zwischen hohen Bäumen hindurch. Für Nervenkitzel sorgen ein paar Stromschnellen. Die Oker entspringt im Harz und fließt nordwärts durch Wolfenbüttel und Braunschweig, um in Müden in die Aller zu münden.
Inhalt
Ein leicht ungutes Gefühl in der Magengegend habe ich schon, als ich in Börßum am Haltesteg stehe und auf die Oker schaue. Olaf Schäfer hat uns gerade 1001 Möglichkeiten mit dem Kanu zu kentern aufgezählt. Der Mann muss es wissen. Er betreibt einen Bootsverleih und gilt als Spezialist für Kanutouren auf der Oker und anderen niedersächsischen Gewässern.
Wechselklamotten, Handy und Autoschlüssel sind bereits im wasserdichten Sack verpackt und unter dem Sitz verhaftet. Ich bewaffne mich mit einem Paddel und wäre startklar für die Okertour. Doch das Kanu muss noch auf die Oker. Oha, das Boot ist richtig schwer!
Abschnitt #1 der Okertour: von Börßum nach Ohrum
Mit vereinten Kräften kriegen meine Mitfahrerin und ich das Kanu die Böschung hinunter und ins Wasser bugsiert. Vom Steg aus steigt es sich bequem ein. Das Kanu schwimmt zum Glück schon in Fahrtrichtung Wolfenbüttel auf der Oker.
Leichtsinnigerweise habe ich mich bereit erklärt, das Steuern zu übernehmen. Doch die eigentlich logische Anleitung von Olaf Schäfer praktisch umzusetzen erweist sich als schwierig. Das Boot verfängt sich mal am linken, mal am rechten Ufer im Gebüsch. Und während ich noch mit dem Paddel und der Strömung kämpfe, nähert sich unser Kanu auch schon der ersten Stromschnelle!
Wilde Oker! Desaster an der Stromschnelle
Geradeaus in der Mitte durchfahren – so lautete der Tipp von Olaf Schäfer. Doch zu meinem größten Entsetzen stellt sich das Boot an den ersten Steinen plötzlich quer. Schlimmer noch: Wir sitzen fest! Mit einiger Mühe gelingt es uns, das Kanu wieder freizukommen.
Der Rest ist ein Kinderspiel. Es gelingt uns, die Stromschnelle wie empfohlen kniend in der Mitte zu durchfahren. Die nächsten drei Stromschnellen meistern wir nach diesem Anfangspatzer souverän. Und was soll ich sagen: Es macht richtig Spaß, in rasanter Fahrt zwischen den Steinen bergab zu rauschen!
Gemächlich paddeln auf der Oker
Nach dem Streckenabschnitt mit den Stromschnellen verlangsamt sich die Fließgeschwindigkeit der Oker. Wir paddeln im Schatten riesiger alter Bäume und wundern uns über die vielen Misteln in den Zweigen. Außerdem fallen mir gewaltige Bäume auf, die fliederähnlich weiß blühen. Falls jemand weiß, welche Art von Baum das ist – bitte einen Kommentar schreiben. Der fehlt meiner Sammlung im Garten.
Als das Wasser schon beinahe steht, erblicken wir einen behelfsmäßig anmutenden Steg, an dem unsere Vorpaddler anlegen, aussteigen und das Kanu aus dem Wasser hieven. Ohrum! Das anschwellende Rauschen stammt von einem Wehr.
Hier gönnen wir uns eine kleine Pause mit einem Picknick. Okerpirat Michael Stier aus Wolfenbüttel tischt köstlichen Bienenstich auf, außerdem Würstchen und Beilage. Doch besser noch ist die frische Rhabarber-Schorle, denn ich habe mein Wasser zuhause vergessen.
Abschnitt #2 der Okertour: von Ohrum nach Wolfenbüttel
Nach der Pause gilt es, die Boote hinter dem Wehr wieder ins Wasser zu befördern. Kein ganz einfaches Unterfangen, denn hier gibt es keinen Steg und der Boden ist nass und glitschig. Aber das Manöver gelingt, ich erklimme trockenen Fußes das Boot.
Paddeln auf der Oker mit dem Okerpiraten
Ich sitze jetzt in einem Boot mit dem Okerpiraten. Michael Stier übernimmt das Steuer und paddelt kraftvoll – ein Glück für mich. Denn die Oker fließt nun gemächlich und in zahlreichen Windungen nach Wolfenbüttel.
Als Pflegemaßnahme hat man an diesem Abschnitt den Randbewuchs stark beschnitten. Sprich, hinter mancher Biegung pfeift uns ein scharfer Gegenwind ins Gesicht. Doch es gibt durchaus auch romantische Streckenabschnitte mit tief ins Wasser hängenden Ästen. An der Mühle Halchter liegt ein Boot am Ufer und macht das Bild perfekt. Die Szenerie gleitet an mir vorbei, während ich paddele.
Eine Kanutour auf der Oker lässt Zeit für etwas Geschichte
An der Mündung der Altenau erklärt mir Michael Stier, dass die Sandsteinquader für die Hauptkirche in Wolfenbüttel im 17. Jahrhundert aus dem Elm mit dem Boot über die Altenau und die Oker zum Bauplatz transportiert wurden! Puh, da bin ich ja froh, dass ich nur ein Kanu fortbewegen muss!
Als der Wasserturm von Wolfenbüttel auftaucht, ist es nicht mehr weit. Denn wir wollen nicht bis in die Löwenstadt Braunschweig, auch die Okercabana ist nicht unser Ziel. Wir biegen rechts ab – das erste Mal auf dieser Kanutour, dass sich der Wasserweg verzweigt – um in den Genuss von Gegrilltem zu kommen. Vor dem nächsten Wehr liegt linkerhand ein bequemer Haltesteg, genau gegenüber der Wasserterrasse des Okerpiraten.
Doch vor dem Vergnügen erwartet uns Paddler noch etwas Arbeit. Olaf Schäfer will saubere Boote aufladen, deshalb gibt es auf jedem Kanu einen Schwamm. Mit etwas Okerwasser wischen wir das Boot aus und tragen es hoch zur Straße, wo Olaf Schäfer bereits mit dem Anhänger wartet.
Abschluss der Okertour: Grillen beim Okerpiraten
Unversehens ist es ziemlich frisch geworden an diesem Tag. Ich freue mich auf etwas Warmes zu essen und werde nicht enttäuscht. Im Biergarten des Okerpiraten brennt das Grillfeuer. Und neben dem Tisch unter dem Dach brennt ein Heizpilz. Das tut jetzt richtig gut. Denn zu allem Überfluss fängt es jetzt auch noch zu regnen an.
Michael Stier grillt Krakauer, Nackensteaks, Geflügelwürstchen und Schafskäse. Dazu gibt es mehrere Sorten Kartoffelsalat, Krautsalat, Rosmarinkartöffelchen, Dips und Kräuterbaguette – köstlich! Wir sitzen trocken und warm direkt an der Oker, lassen uns das Essen schmecken und die Kanutour Revue passieren.
Etwas müde und verspannt komme ich zuhause an. Jetzt nur noch auf’s Sofa! Der erwartete Muskelkater ist übrigens ausgeblieben …
Luisa von der Stadt Wolfenbüttel hat die Okertour auf einem Video festgehalten:
Kanutouren auf der Oker – Zahlen und Fakten
Die Oker kann ab Schladen mit dem Kanu befahren werden. Der Start einer Kanutour nach Wolfenbüttel ist drei Orten möglich:
- Schladen, 19 Kilometer, Dauer der Kanutour: 5 Stunden ohne Pausen
- Börßum, 13,5 Kilometer, Dauer: 3,5 Stunden reine Fahrzeit
- Ohrum, 6,5 Kilometer, Dauer: 1,5 Stunden
Der Streckenabschnitt zwischen Schladen und Börßum ist teilweise sehr schnell und deshalb für Familien mit jüngeren Kindern weniger zu empfehlen. Zwischen Börßum und Ohrum sind mehrere Stromschnellen zu bewältigen. Das Wehr in Ohrum muss umtragen werden.
Warum eine Okertour mit dem Kanu nachhaltig ist
Eine Flussfahrt mit dem Kanu ist nicht nur umweltfreundlich. Sie schafft entspannende Bilder im Kopf, die noch eine Weile nachwirken. Und ich hatte am Ende das Gefühl, körperlich etwas bewegt zu haben – was ja auch der Wahrheit entsprach.
Die Anreise zu den Startpunkten ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich. Die Einsatzstelle Okerbrücke in Schladen erreicht man ab Wolfenbüttel Bahnhof mit der Regionalbahn RB42 und mit dem Bus. Die Regionalbahn RB42 hält auch in Börßum. Die Einstiegsstelle Ohrum ist mit dem Bus bis zum Bahnhof Hedwigsburg zu erreichen.
Auch die Heimreise vom Biergarten der Okerpiraten ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich.
Lesen Sie hier über unsere Kanutour auf dem Schmalen Luzin in Mecklenburg-Vorpommern.
Bist ja ganz schön mutig geworden. Stromschnellen überwunden….Respekt. ?
Man wächst mit seinen Aufgaben :-) …
Schöner Artikel, danke für die Infos. Ich bin schon 2x von Schladen bis Ohrum gepaddelt. Das ging ohne allzu sportliche Betätigung gut in 1,5 bis 2,0 Stunden.
Danke für den Kommentar, Björn. Das klingt nach Spaß! Von Schladen aus muss ich das auch mal probieren …