Ein paar Stunden am Feuer mit einer Tasse heißem Tee und dabei in Gedanken an die Reisen im vergangenen Jahr schwelgen – dieses Vergnügen gönne ich mir auch im Jahr 2020. Nicht dass ich mich langweilen würde, nein. Es wäre genug zu tun. Aber der Reiserückblick ist ein alljährliches Ritual geworden. Und so übel war das Reisejahr nicht – Corona hin oder her. Meine Sammlung von Reisefotos kann etliche Neuzugänge verzeichnen.

Tunesien

Im Februar, als das Corona-Virus gefühlt nur die Chinesen bedroht, steht meine erste Reise im Jahr 2020 auf dem Programm. Es geht in den Norden von Tunesien. Bei der Einreise in Tunis bildet sich zu meiner Verwunderung eine Schlange.

Nicht nur wird hier die Körpertemperatur jedes ankommenden Passagiers gemessen. Zusätzlich sind einige ungewohnte Formalitäten zu erledigen: Das Woher und Wohin wird ebenso abgefragt wie die Sitznummer im Flugzeug. Ich ahne nicht, dass dies ein Vorgeschmack auf den weiteren Verlauf des Jahres ist.

Tabarka

Nach der in meiner Erinnerung letzten „normalen“ Pressekonferenz des Jahres 2020 – einem Gespräch im Tourismusministerium in Tunis – starten wir nach Tabarka. Die Stadt liegt im Nordwesten Tunesiens am Mittelmeer in der Nähe der algerischen Grenze.

Hier werden die goldfarbenen Strände umrahmt von Felsspitzen, Pinien und Korkeichenwäldern. In den Tiefen des Meeres vor Tabarka schlummern einzigartige Schätze: rote Korallen.

Einer meiner Lieblingsplätze zum Fotografieren ist der Hafen von Tabarka. Von hier aus fahren die Fischer und die Korallentaucher aufs Mittelmeer hinaus, um ihrem Tagewerk nachzugehen.

Hafen von Tabarka, Tunesien. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Hafen von Tabarka, Tunesien.

Niedersachsen

Von Nordafrika geht es zurück ins heimische Niedersachsen. Noch in Tabarka hat mich die Kunde vom Corona-Ausbruch in Italien erreicht. Doch von Reisen in Niedersachsen kann mich nicht einmal ein harter Lockdown abhalten. Im eigenen Land komme ich schon beruflich viel herum.

Meiner Tätigkeit als Bloggerin für den Tourismusverband Braunschweigerland verdanke ich einige meiner Lieblingsbilder aus diesem Jahr. Ein Highlight aus fotografischer Sicht war ein nachmittäglicher Stadtrundgang durch Braunschweig. Der Altstadtmarkt im Abendlicht gegen die tiefstehende Sonne ist mein Favorit.

Altstadtmarkt in Braunschweig. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Altstadtmarkt in Braunschweig.

Brandenburg

Auch in Brandenburg habe ich im Corona-Jahr einige Zeit verbracht. So führt unsere erste Reise nach den Lockerungen im Mai nach Frankfurt an der Oder und ins Schlaubetal. Radfahren ist angesagt. Auch in Potsdam bin ich in 2020 einige Male zu Besuch.

Frankfurt an der Oder

Während eines Familienausflugs mit den Drahteseln von Frankfurt nach Lebus entdecken wir bemerkenswerte Dinge: eine von russischen Kriegsgefangenen in sibirischer Bauweise errichtete Holzkirche, das Städtchen Lebus und das Naturschutzgebiet Oderberge.

An den Hängen der Oderberge soll es laut meinem Schwager Siggi – der hier zuhause ist – große Vorkommen des Adonisröschens geben. Doch im Mai suchen wir vergebens nach einem verspätet blühenden Exemplar. Das ist schade. Die surrealistisch anmutenden alten Weidenbäume entlang des Oder-Neiße-Radweges erfreuen den Radler glücklicherweise ganzjährig.

Familienausflug auf dem Oderradweg zwischen Lebus und Frankfurt. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Familienausflug auf dem Oderradweg zwischen Lebus und Frankfurt.

Potsdam

Tiefster Lockdown in Potsdam ist kein bisschen langweilig, wenn beispielsweise der Pfingstberg und der Neue Garten mit all ihren Sehenswürdigkeiten vor der Haustür liegen. In dieser Prachtlage wohnt seit einiger Zeit meine Tochter. Die bekanntesten und beliebtesten Anlaufpunkte sind hier das Belvedere auf dem Pfingstberg, das Schloss Cecilienhof und das Marmorpalais. Weniger bekannt, aber genauso schön anzusehen ist – in meinen Augen – die Alexander-Newski-Gedächtniskirche auf dem Pfingstberg.

Alexander-Newski-Gedächtniskirche auf dem Pfingstberg in Potsdam. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Alexander-Newski-Gedächtniskirche auf dem Pfingstberg in Potsdam.

Übrigens habe ich den März in Potsdam auch kulinarisch in bester Erinnerung behalten. Meine Tochter zauberte ein Pesto aus frisch gesammeltem Berliner Bärlauch mit Walnüssen – ein Hochgenuss!

Frankreich

Den Sommer wollen wir eigentlich in Deutschland verbringen. Um den Schwarzwald mit dem Motorrad unsicher zu machen steuern wir Lörrach an. Doch so unterhaltsam die kurvigen Straßen, urigen Täler, frischen Seen und die zahlreichen Wasserfälle des Schwarzwalds auch sind – nach einigen Tagen lockt die Welt jenseits des Rheins. Das Dreiländereck verführt geradezu zu Abstechern nach Frankreich und in die Schweiz.

Unser erstes Ziel im Ausland ist das französisch-schweizerische Gebirgsmassiv des Jura. Durch einsame Wälder und menschenleere Gegenden erreichen wir den Fluss Doubs. Von hier aus ist es nicht mehr weit nach Saint-Hippolyte. Vor dem hübschen, irgendwie typisch französischen Rathaus stellen wir die Mopeds ab. Und wie der Zufall es will gibt es an dieser Stelle eine Bar. Wir gönnen uns hausgemachte Aprikosen-Tarte mit Mandeln und einen „Petit Noir“ und fühlen uns wie Gott in Frankreich.

Pause in Saint-Hippolyte, Doubs, Frankreich. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Pause in Saint-Hippolyte, Doubs, Frankreich.

Eguisheim im Elsass

Das Jura und das Gefühl, wieder einmal in Frankreich zu sein, haben uns richtig gut gefallen. Deshalb machen wir gleich noch einen  Ausflug ins Elsass. Ich habe das mittelalterliche Fachwerk-Städtchen Eguisheim ausgesucht. Wie die Häute einer Zwiebel umschließen hier die vielen kleinen Gassen den alten Ortskern. Im Zentrum liegt auf einem Hügel die Burg Eguisheim. Angeblich ist hier Bruno von Egisheim-Dagsburg geboren, der im Jahr 1049 Papst Leo IX wurde.

Im Herzen der Altstadt angekommen kaufen wir ein paar Pasteten und Rotwein für das Abendbrot. Auf dem Weg zurück entpuppt sich das Gassen-Gewirr mit den pittoresken Häuschen schließlich als Labyrinth: Bei gefühlten 40 Grad im Schatten  finden wir die Motorräder nicht mehr! Das ist mir noch nie passiert. Ehrlich!

Eguisheim im Elsass, Frankreich. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Eguisheim im Elsass, Frankreich.

Na ja, nach einem längeren Fußmarsch und unter Zuhilfenahme der Sonne als Navigationsinstrument haben wir die Mopeds doch wieder gefunden. Und danach sogar den Weg zu einer der vielen Burgen, die über Eguisheim thronen. Die Aussicht von dort oben über die Rheinebene bis zum Schwarzwald belohnt alle Mühen.

Schweiz

Weil ich gerade von Aussicht spreche: Schon vor der Abfahrt in den Urlaub hat mein Schatz auf der Landkarte Beatenberg entdeckt und entschieden: Da müssen wir hin. Schließlich gibt es nicht viele Orte auf der Welt, die nach mir benannt sind ;-). Beatenberg liegt in der Schweiz auf 1200 Metern Höhe und verspricht eine tolle Aussicht auf Eiger, Mönch, Jungfrau und den Thunersee. Deshalb sind wir nun auf dem Weg ins Berner Oberland.

Thunersee

Der Weg nach Beatenberg war ganz schön weit. Und wir haben es nicht bis zum Ort selbst geschafft, sondern nur zur Beatenbucht am Thunersee. Vom Ufer des Thunersees konnten wir uns einfach nicht losreißen. Das Wasser des Sees ist unwirklich hellblau, sagenhaft klar, aber auch unglaublich kalt.

Da sich mein Schatz von kaltem Wasser nicht abschrecken lässt, steigt er gleich zweimal in diese eisige Flut. Dabei bemerkt er allerdings eine rätselhafte Strömung. Später berichtet uns ein Taucher, dass in Ufernähe eine Felswand bis zu 200 Meter senkrecht nach unten abfällt bis zum Grund des Sees. Das mag ein Paradies für Steilwand-Taucher sein, aber nichts für mich. Da vertreibe ich mir lieber die Zeit mit Fotografieren.

Motorradtour zum Thunersee in der Schweiz. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Motorradtour zum Thunersee in der Schweiz.

Rheinfall von Schaffhausen

Durch Zufall landen wir am nächsten Tag schon wieder in der Schweiz: am Rheinfall von Schaffhausen. Eigentlich hatte uns an diesem heißen Sonntagnachmittag ein Besuch im Schwimmbad vorgeschwebt. Aber: Ohne online vorgebuchten und bezahlten Slot war das in diesem Jahr ein aussichtsloses Unterfangen.

Wir also bei über 30 Grad wieder in die Motorradklamotten und diesmal auf in Richtung Osten. Ich habe mich immer gefragt, ob der Rheinfall vielleicht ein Reinfall ist. Aber ich muss sagen: Nein! Die tosenden türkisfarbenen Wassermassen, die in Schaffhausen über die und zwischen den Felsen nach unten stürzen, sind wirklich einen Besuch wert. Nicht ganz vergleichbar mit den Niagara-Fällen, aber doch beachtlich.

Rheinfall von Schaffhausen. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Rheinfall von Schaffhausen.

Ich bin jedenfalls beeindruckt von diesem feuchten Spektakel und muss noch einmal kommen. Denn wir haben gleich Bekanntschaft mit der schweizerischen Pünktlichkeit gemacht. Bis wir zu Lande ausführlich alle Facetten des Rheinfalls bestaunt hatten und eine Bootsfahrt machen wollten, um noch mehr zu sehen, war es 18 Uhr. Die Schiffe lagen alle am Steg, die Kapitäne saßen beim Abendbrot und die Matrosen genossen den wohlverdienten Feierabend …

Rheinland-Pfalz

Nach den ereignisreichen Tagen im äußersten Südwesten Deutschlands geht es für uns noch nicht nach Hause, sondern in die Eifel. Hier war ich auch ewig nicht und anscheinend noch nie so richtig. So entdecken wir hier im Corona-Sommer noch mehr Wasserfälle, Burgen, Schlösser und Wunderbares.

Teufelsschlucht

Unter die Rubrik „Wunder der Natur“ fällt die Teufelsschlucht in der Südeifel. Die Teufelsschlucht ist eine bizarre Landschaft mit steilen Felswänden, tiefen Spalten und engen Schluchten. Sie entstand infolge einer Serie von Felsstürzen am Ende der jüngsten Eiszeit. Die idyllischen Irreler Wasserfälle sind ebenfalls in diesem Gebiet zu finden und genauso entstanden.

Teufelsschlucht in der Eifel. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Teufelsschlucht in der Eifel.

Saarburg

Ein Wasserfall mitten im Stadtzentrum – welche Stadt hat eine solche Attraktion schon zu bieten? Ich kannte bis zum Sommer 2020 keine. Doch dann regte die Nichte meines Mannes genau eine Woche nach der ausgefallenen Bootsfahrt beim Rheinfall eine Schifffahrt in Saarburg an.

Zwar fährt der Ausflugsdampfer in Saarburg nicht vor die herunterstürzenden Wassermassen. Hier handelt es sich um zwei unterschiedliche Ereignisse: eine Schifffahrt auf der Saar, vorbei an Weinbergen, und einen Wasserfall im Herzen Saarburgs, den man sich ausschließlich zu Fuß erschließt.

Saarburg: Wasserfall im Ortskern. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Saarburg: Wasserfall im Ortskern.

Um den von Cafés, Pizzerien und Schalläden gesäumten Wasserfall ist Saarburg zu beneiden. Hier hätte ich mich gerne länger aufgehalten, aber in Saarburg sind an diesem Sonntagnachmittag gefühlt noch mehr Menschen unterwegs als die Woche zuvor am Rheinfall von Schaffhausen. Hinzu kommt: Die Nichte hat eine Tiramisu-Torte gebacken. Dafür lohnt sich die Weiterfahrt ins Saarland allemal! Ein weiteres kulinarisches Highlight des Jahres.

Berchtesgadener Land

Bevor ich im Oktober das Berchtesgadener Land entdeckte, waren wir noch zu einem Familien-Wochenendtrip in Tangermünde . Der Ausflug nach Sachsen-Anhalt mit einer Übernachtung in den Exempel Schlafstuben war das Ostergeschenk für meine Lieben.   Nach all den Kontaktbeschränkungen und Restaurantschließungen im Frühjahr wollten wir es uns einmal richtig gut gehen lassen. Das ist gelungen.

Aber ich komme nun langsam in Zeitnot. Denn mit diesem Beitrag will ich mich an Michaels traditioneller Fotoparade zum Jahresende auf Erkunde-die-Welt.de beteiligen. Weil sich der Einsendeschluss schnell nähert, muss ich mich etwas sputen. Und der Bericht über den Fotoworkshop im Berchtesgadener Land fällt notgedrungen kürzer aus.

Soviel: Unsere kleine Gruppe hatte riesiges Glück. Wenige Tage nach unserem Besuch mussten alle Gäste nach Hause und das Berchtesgadener Land wurde als erste Region Deutschlands in den zweiten Lockdown geschickt. Umso unvergesslicher war für mich die Zeit zwischen Almbachklamm und Wimbachklamm, berauschend die Exkursionen zu Hintersee und Obersee, traumhaft schön die Momente zwischen Watzmann und Jenner.

Aus dem Berchtesgadener Land habe ich so viele Bilder mitgebracht, dass es für mindestens fünf Blogposts reicht. Leider hat die Zeit bisher nicht mal für einen einzigen gereicht und auch nicht, um das Bildmaterial genüsslich zu bearbeiten.

Deshalb schließe ich jetzt mit

  • einer Impression vom legendären Bootshaus am Obersee im Regen und
  • einem morgendlichen Eindruck vom Königssee in Schönau.

Und dem großen Versprechen, dass irgendwann mehr kommt aus dem Berchtesgadener Land.

Morgenstimmung am Königssee in Schönau. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Morgenstimmung am Königssee in Schönau.

Instagramable Bootshaus am Obersee im Berchtesgadener Land. Foto: Beate Ziehres / Reiselust-Mag

Instagramable Bootshaus am Obersee im Berchtesgadener Land.

Alle Fotos: Beate Ziehres