Umbrien ist die weniger berühmte, aber ebenso schöne Schwester der Toskana. Die Region zwischen Lago Trasimeno und den Sibillinischen Bergen wird auch das grüne Herz Italiens genannt. Weinberge, Olivenhaine, liebliche Täler, aber auch urtümliche Wälder und schroffe Berge prägen die Landschaft. Umbrien ist bekannt für mittelalterliche Städte wie Perugia und Assisi – und für kulinarische Genüsse. Ein besonderer Schatz – Trüffel – liegt unter der Erde verborgen, weitere wachsen auf Bäumen beziehungsweise an Reben. Ich spreche von Oliven und Trauben.
Inhalt
Auf Trüffelsuche in Città di Castello
Die Lust auf gutes Essen hat mich nach Umbrien geführt, genauer gesagt in die Villa La Rogaia. Ich bin eingeladen zu einem Kochkurs mit der legendären Mamma Ornella. Am letzten Tag des Kurses, einem sonnigen Oktobertag, bleibt die Küche in La Rogaia kalt. Wir brechen auf nach Città di Castello, einer Stadt ganz im Norden Umbriens – zur Trüffelsuche.
Am Tor eines Zauns, der einen lichten Wald umfasst, warten Cecilia Fabrizio, Maurizio Bianconi und Trüffelhund Nerina auf uns. Ohne Nerina und ihre feine Nase – soviel wird schnell klar – würden die schwarzen Schätze der Natur auf ewig unter der Erde verborgen bleiben.
Den Privatwald des Unternehmens Tartufi Bianconi prägen Haseln, Eichen und Kastanien. Dieser einzigartige Lebensraum ist der ideale Ort für Trüffel, denn sie wachsen in Symbiose mit den Wurzeln dieser Bäume. Ihren charakteristischen Duft verströmen die Edelpilze übrigens erst, wenn sie reif sind.
Der Trüffelhund als Schlüssel zum Erfolg
Die lebhafte Trüffelhündin Nerina darf nun frei laufen, immer mit der Nase auf dem Boden. Maurizio Bianconi folgt dem Vierbeiner dicht auf den Fersen. Sobald Nerina zu graben anfängt, ist der Sohn des Geschäftsführers von Tartufi Bianconi bei ihr. Ließe er sie gewähren, würde sie den teuren Fund direkt verspeisen.
Die Trüffelhunde werden von klein auf trainiert, indem man Trüffelstücke in ihr Futter gibt, um ihren Geschmackssinn zu entwickeln. Nach jedem erfolgreichen Fund werden sie mit einem Leckerli belohnt, aber niemals mit süßen Leckereien. Die Kommunikation zwischen Mensch und Hund spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Mit den Worten „Dai“ und „Dove“ motiviert Maurizio Bianconi das Tier und lenkt es in die gewünschte Richtung. Übrigens: Da die Wachstumszeit der Trüffel 80 bis 90 Tage beträgt, steht an den Fundstellen nach dieser Zeit ein neuer Pilz.
So durchkämmt Nerina das Gelände, immer gefolgt von einer kleinen Menschenschar. Einige Male wird sie fündig. Und so kehren wir schließlich nicht mit leeren Händen bei Tartufi Bianconi ein, um weiße und schwarze Trüffel zu kosten. In einem kleinen Museum erfahren wir außerdem allerhand Wissenswertes über die kostbaren Pilze.
Kleine Trüffelkunde
Die Zeit von Oktober bis Dezember ist eigentlich die Erntezeit für weiße Trüffel. Weiße Trüffel können bis zu einen Meter tief in der Erde wachsen. Sie haben einen intensiveren Geschmack als schwarze Trüffel und erzielen etwa das Zehnfache des Preises schwarzer Trüffel.
Von Januar bis April werden die weißen Frühlingstrüffel geerntet. Das Aroma des weißen Frühlingstrüffels ist vergleichbar mit dem des weißen Trüffels. Sein sehr charakteristischer Knoblauchgeschmack zeichnet diese Trüffelart aus.
Schwarze Trüffel wachsen nur einige Zentimeter unter der Erdoberfläche. Sie unterscheiden sich in Winter- und Sommertrüffel. Der schwarze Wintertrüffel wird ebenfalls als aromatisch, aber mit einer fruchtigen Note beschrieben. Wegen seines exzellenten Geschmacks nennen ihn Kenner den „süßen Schwarzen“. Der schwarze Wintertrüffel reift von Dezember bis März.
Im Juni kommt die Erntezeit des schwarzen Sommertrüffels mit seinem süß-erdigen Aroma. Bis August kann er geerntet werden.
So werden Trüffel zubereitet und konserviert
Weiße Trüffel kommen bei Tartufi Bianconi generell ungekocht auf den Tisch. Hauchfein gehobelt kommt die Köstlichkeit beispielweise über Pasta oder Suppen. Wichtig: Weiße Trüffel halten frisch maximal 4 bis 6 Tage. Um den kostbaren Pilz länger haltbar zu machen, mischt man dünne Scheiben mit leicht gesalzener Butter und gefriert ihn ein. So kann er etwa 1 Jahr aufbewahrt werden.
Schwarze Trüffel können ebenfalls ungekocht verzehrt werden. Doch die Familie Bianconi empfiehlt, diesen Pilz für eine Minute mit einer Knoblauchzehe und einer Prise Salz in Olivenöl zu erwärmen, um das Aroma zu intensivieren. Schwarze Trüffel passen in Soßen und Pasten unterschiedlichster Art, zu sanft gegartem Fleisch oder auch Fisch. Im Ganzen eingefroren hält der kostbare Pilz bis zu 2 Jahre.
Olivenernte auf La Rogaia in Umbrien
Meine Gastgeber inmitten der Hügellandschaft von Umbrien sind Dr. Annette Greifenhagen und Wolfgang Sandt. Auf dem Gelände ihres Agriturismo, der Villa La Rogaia, baut die Familie eigene Oliven in kontrolliert biologischer Landwirtschaft an. Aus den Früchten wird in einer kleinen, regionalen Ölmühle erstklassiges Olivenöl gepresst.
Mit Annette mache ich gleich an meinem ersten Urlaubtag einen Spaziergang über den Landsitz nahe Castel Rigone. Seit 1998 lebt sie mit ihrem Mann, der als Bildhauer und Steinmetzmeister arbeitet, in der Villa La Rogaia. Früher war das Anwesen mit 7 Hektar eigenem Land ein Halbpachthof, der etwa 30 Bewohner ernährte.
Heute ziehen sich die Olivenhaine malerisch rund um Haus und Garten. An den Hanglagen im trocken-warmen Klima oberhalb des Lago Trasimeno reift ein Öl mit fein abgerundeten, nussigen Aromen und niedrigem Säuregehalt heran.
„Entspannende Arbeit“
Alljährlich im November lädt die Familie ein, bei der Olivenernte zu helfen. Die reifen schwarzen Oliven werden ausschließlich von Hand gepflückt. „Um an die Früchte zu gelangen, muss man auch einmal auf Leitern oder Bäume klettern“, erklärt Annette Greifenhagen. Dennoch beschreibt sie die Arbeit im Olivenhain als entspannend und eine Möglichkeit, in fast meditativen Kontakt mit der Natur zu kommen.
Gemeinsam wird die Ernte schließlich in die kleine Ölmühle gebracht, das Öl gepresst und abgefüllt. Die Helfer dürfen die Hälfte des gewonnenen Öls mit nach Hause nehmen. „Das können zwischen einem und maximal 10 Liter pro Person sein“, sagt Annette. Die Menge ist abhängig vom Jahr, vom Wetter und davon, wie fleißig die Pflücker sind.
Mehr Informationen über die Olivenernte gibt es auf der Webseite der Villa La Rogaia.
Süße Spezialität aus Umbrien: Vin Santo
Eine weitere Spezialität Umbriens lerne ich bei Adele und Eugenio Bistarelli kennen. Ihr Haus liegt im malerischen Citerna bei Città di Castello. Hier produziert das Paar auf traditionelle Art und Weise Vin Santo. Der süße Dessertwein wird aus luftgetrockneten, teilrosinierten Trauben hergestellt.
Eugenio führt uns ins Obergeschoss, hinein ins große Wohnzimmer, wo im üppig dimensionierten Kamin ein warmes Feuer brennt. Wofür das Feuer benötigt ist, erfahre ich auf dem Dachboden, der über eine schmale Treppe im Wohnzimmer erreichbar ist.
Hier staune ich erst einmal Bauklötze, denn unter dem Dach hängen saftige Traubenbüschel dicht an dicht. Drei Monate trocknen sie hier. Bei schönem Wetter öffnet Eugenio Bistarelli die Fenster. Dann muss er jedoch peinlich darauf achten, dass keine Insekten in den Raum kommen.
Im Laufe der Trocknung steigt der Zuckergehalt in den Trauben. Erst wenn die Haut der Beeren zerstört wird, beginne der Gärprozess, erklärt Eugenio Bistarelli. Nach dem Keltern dauert es vier Jahre, bis der Wein fertig ist. Aus 100 Kilo Trauben gewinnen die Bistarellis 20 Flaschen hochwertigen Vin Santo.
Nach der Besichtigung des Dachbodens, auf dem auch eine Sammlung traditioneller Maschinen zur Herstellung von Vin Santo zu sehen ist, drängen wir uns um einen Tisch. Adele Bistarelli und einige ihrer Freundinnen servieren einen süßen Kuchen und dazu Vin Santo – beides aus eigener Herstellung. Lecker!
So ist ein Besuch in Umbrien ist nicht nur eine Reise in eine sehens- und liebenswerte Region, sondern auch ein kulinarisches Highlight erster Güte.
Mein Tipp zum Vormerken beziehungsweise gleich Buchen:
26.10.2024 bis 02.11.2024: Kulinarischer Aktivurlaub in der Villa Rogaia in Umbrien – mit Olivenernte, Trüffelsuche und Weinverkostung
Vielen Dank für die Einladung nach Umbrien an Dr. Annette Greifenhagen! Ich habe kein Honorar erhalten und gebe meine eigene Meinung und meine eigenen Erfahrungen wieder.
Alle Fotos: Beate Ziehres
Dieser Artikel ist nicht nur informativ, sondern auch eine Hommage an die reiche Kultur und die köstlichen Genüsse Umbriens. Vielen Dank dafür!